Niederlande: Gläubiger einer Bank verlieren alles

(c) AP (PETER DEJONG)
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Der marode Amsterdamer Finanzkonzern SNS Reaal musste vom Staat gerettet werden. Zum ersten Mal in der EU erleiden dabei Privatanleger einen Totalverlust.

Wien. Die niederländische Regierung fackelte nicht lange: Bei der Verstaatlichung des angeschlagenen Finanzkonzerns SNS Reaal müssen jetzt nicht nur die Aktionäre der Bank, sondern auch die Besitzer von Anleihen einen Totalverlust hinnehmen. Das ist in der Europäischen Union zuvor nie passiert. Zwar haben sich bislang die Eigentümer und Gläubiger einer Bank an den staatlichen Rettungsaktionen beteiligt. Aber noch nie setzte in der EU eine Regierung so radikale Maßnahmen wie in den Niederlanden. Sogar die Inhaber von griechischen Anleihen erhielten in der Vergangenheit bei der Umschuldung einen Teil ihres Einsatzes zurück.

Vorbild für andere EU-Staaten

Das Modell in den Niederlanden wird nun als Vorbild für andere Länder diskutiert. SNS Reaal ist die Nummer vier unter den holländischen Banken. Bereits 2008 schoss der Steuerzahler 750 Millionen Euro zu. Nun musste das Institut verstaatlicht werden, weil durch das Immobilienengagement hohe Verluste angefallen waren. Die Rettung kostet 3,7 Milliarden Euro.

Bevor die Regierung die Verstaatlichung bekannt gab, wurde an der Börse der Handel mit Aktien von SNS Reaal ausgesetzt. Die Aktie kostete damals 0,84 Euro. Heute ist das Investment wertlos.

Nicht viel besser geht es den Inhabern von Anleihen der maroden Bank. Die Besitzer von sogenannten „nachrangigen Anleihen“ werden jetzt darüber informiert, dass sie ihr Geld nicht mehr zurückerhalten werden.

Nachrangige Anleihen sind Schuldverschreibungen, bei denen die Investoren höhere Zinsen bekommen. Dafür ist das Ausfallrisiko höher, weil solche Anleihen im Insolvenzfall nachrangig behandelt werden. Nicht ganz so schlimm trifft es die Besitzer von „erstrangigen Anleihen“ von SNS Reaal. Sie können darauf hoffen, dass sie zumindest einen Teil ihres Investments zurückbekommen werden. Nichts ändern wird sich dagegen bei den Spareinlagen. Für sie steht der Staat gerade.

Radikaler als die Niederlande ging Island vor. Im Herbst 2008 standen mehrere isländische Großbanken vor dem Abgrund. Eine Rettung wurde wegen der hohen Kosten gar nicht erst versucht, sondern die Regierung in Reykjavík schickte die Institute in den Konkurs. Nicht nur die Aktionäre, sondern auch die Zeichner von Anleihen gingen leer aus.

Auch viele österreichische Banken, die vor der Krise isländische Anleihen gekauft hatten, verloren damals Geld. Der isländische Staat entschädigte nur inländische Sparer. Pech hatten teilweise ausländische Anleger, die bei einer isländischen Bank ein Sparkonto hatten.

In der EU wird überlegt, dass bei künftigen Rettungsaktionen von Banken und Staaten die Inhaber von Anleihen stärker zum Handkuss kommen. Möglich wäre das in Zypern – das Land benötigt von der EU zur Sanierung seiner Banken 17 Milliarden Euro.

Schwache Regelung in Österreich

In Österreich schreckt man von so harten Maßnahmen zurück. Das in der Vorwoche von SPÖ und ÖVP vorgestellte Bankeninsolvenzrecht sieht nur vor, dass die Institute jedes Jahr einen Sanierungs- und Abwicklungsplan erarbeiten müssen.

Der Opposition geht das nicht weit genug. Sie fordert, dass ähnlich wie in den Niederlanden und in Island auch die Eigentümer und die Gläubiger der Banken im Krisenfall in die Pflicht genommen werden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.02.2013)

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