Steuerparadiese: Kanalinseln behalten Bankgeheimnis

Steuerparadiese: Kanalinseln behalten Bankgeheimnis
Steuerparadiese: Kanalinseln behalten Bankgeheimnis(c) AP (Kirsty Wigglesworth)
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Großbritannien kündigte zwar an, dass Steueroasen wie Bermuda und Cayman künftig das Bankgeheimnis preisgeben, das gilt aber nicht für die Kanalinseln. Der Grund: Auf den Inseln liegt besonders viel Geld.

Wien. Auf der britischen Kanalinsel Jersey arbeitet jeder Fünfte der 98.000 Einwohner im Finanzsektor. In der Hauptstadt, St. Helier, haben sich Dutzende internationale Großbanken angesiedelt, die vermögende Privatkunden und Firmen aus aller Welt betreuen. Jersey ist genauso wie die 41 Kilometer entfernte Insel Guernsey von Großbritannien weitgehend unabhängig. Die beiden Inseln im Ärmelkanal können nicht gezwungen werden, EU-Richtlinien umzusetzen. Am Donnerstag hat der britische Finanzminister, George Osborne, klargestellt, dass auf Jersey und Guernsey das Bankgeheimnis aufrechterhalten bleibt. Nur die britischen Kolonien wie Bermuda, die Cayman Islands, die British Virgin Islands (Jungferninseln) und die in der irischen See gelegene Isle of Man werden beim automatischen Informationsaustausch mitmachen.

Zunächst will Großbritannien die Daten aus den Steueroasen mit Deutschland, Frankreich, Italien und Spanien teilen. Diese fünf Länder wollen Informationen nicht nur auf Anfrage, sondern automatisch austauschen. Die britischen Kolonien müssen ausländischen Behörden künftig nicht nur Auskünfte zu den Kontoinhabern, sondern auch über die Verwendung der Gelder übermitteln. Laut Osborne werde damit ein „weltweiter Standard im Kampf gegen die Steuerflucht“ geschaffen.

Warum das Bankgeheimnis auf Jersey und Guernsey nicht angetastet wird, hat einen einfachen Grund: Auf den Kanalinseln liegt besonders viel Geld. Medienberichten zufolge geht es um umgerechnet 600 Milliarden Euro. Auch viele österreichische Großbanken und Konzerne sind auf Jersey mit diversen Gesellschaften vertreten. In der Altstadt von St. Helier befinden sich an vielen Gebäuden Schilder mit den Namen von verschiedenen Trusts und Briefkastenfirmen. Deren Inhaber müssen auch künftig nicht offengelegt werden.

Und genau dies könnte jetzt zum Konfliktfall zwischen Österreich und der EU werden. Nach internen Streitereien sprach sich die Wiener Regierung am Wochenende dafür aus, mit der EU-Kommission Verhandlungen über eine Aufhebung des Bankgeheimnisses für Ausländer zu beginnen. Allerdings macht Österreich dies von drei Forderungen abhängig. So sei sicherzustellen, dass in anderen europäischen Ländern auch die wirtschaftlichen Eigentümer von Briefkastenfirmen und Trusts identifiziert werden. Zuvor hatte sich Finanzministerin Maria Fekter (ÖVP) für ein europaweites Trustregister ausgesprochen. EU-Länder wie Deutschland unterstützen den Vorschlag.

Doch in Brüssel heißt es dazu, der Aufbau eines Trustregisters sei kompliziert und würde Jahre dauern. Sollte Österreich auf diese Forderung bestehen, könnten sich die Verhandlungen über eine Lockerung des Bankgeheimnisses verzögern. Ein Trustregister wäre auch nur sinnvoll, wenn sich Jersey und Guernsey daran beteiligten.

Österreichs Finanzministerin, Maria Fekter (ÖVP), begrüßt den Schritt der Briten „sehr“, wie sie am Donnerstag betonte. Sie erinnerte an ihre Wortmeldung beim Finanzministergipfel in Dublin. Damals habe sie erklärt, „was für die kleine Insel Zypern gilt, muss auch für die große Insel gelten“. Zypern muss im Rahmen der Finanzhilfe das Bankgeheimnis lüften und die Eigentümer der Trusts offenlegen.

Der Luxemburger Finanzminister, Luc Frieden, sorgte wieder einmal mit einem Interview für Aufsehen. Nachdem er die Bankgeheimnis-Diskussion durch sein Interview mit der „FAZ“ ursprünglich losgetreten und damit Österreich überrumpelt hatte, sprach er sich nun in der „Financial Times“ dafür aus, auch multinationale Konzerne steuerlich genauer unter die Lupe zu nehmen. Noch vor drei Wochen hatte Luxemburgs Premier, Jean-Claude Juncker, erklärt, dass nur Einzelpersonen vom automatischen Informationsaustausch betroffen sein sollen, nicht jedoch Multis. Luc Friedens Vorstoß zielt ähnlich wie Fekters Wunsch nach einem Trustregister darauf ab, die Nutznießer hinter Firmengeflechten zu eruieren.

Straffrei an den Pranger

In Deutschland kommt nach der Steueraffäre des Bayern-München-Präsidenten, Uli Hoeneß, Bewegung in die Debatte um ein Steuerabkommen mit der Schweiz. SPD-Finanzexperte und Vize-Fraktionschef Joachim Poß sprach sich dafür aus, „Altfälle“ durch ein Steuerabkommen zu klären, um so die Weichen für einen automatischen Informationsaustausch zu stellen. So wie im Abkommen zwischen der Schweiz und Österreich sollen Steuerhinterzieher die Steuern nachzahlen und so Straffreiheit erlangen. Nicht akzeptabel ist für Poß allerdings eine Legalisierung von Steuerkriminalität bei fortbestehender Anonymität wie im Falle Österreich. Wer amnestiert werden möchte, „der müsste sich offenbaren“, fordert der Politiker.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.05.2013)

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