"Steuern zahlen ist doch nur etwas für arme Leute"

"Steuern zahlen ist doch nur etwas für arme Leute"(c) Erwin Wodicka - wodicka@aon.at (Erwin Wodicka - wodicka@aon.at)
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Steuervermeidung. Steueroasen boomen, aber das Schwarzgeldverstecken wird schwieriger.

Wien. (JU) Steuern zahlen, vor allem die „volle Länge", sei etwas für arme Leute, wird eine US-Milliardärin oft zitiert. „High Net Worth Individuals", wie Banken ihre sehr begüterte Klientel nennen, Unternehmen, Banken, ja selbst die öffentliche Hand (wie etwa das Land Niederösterreich, das mit seiner Hypo in irischen Zweckgesellschaften herumgezockt hat) nutzen unterschiedliche Steuersätze zum eigenen Vorteil aus. Am liebsten mit Unternehmen in Steueroasen. Das ist, solange kein Schwarzgeld im Spiel ist, ganz legal.

Ganz leicht haben es international aufgestellte Unternehmen: Sie können mit Transferpreisen (das sind Verrechnungspreise zwischen den Landestochtergesellschaften) bestens steuern, wo am Ende des Tages der Gewinn anfällt. Praktischerweise dort, wo der Steuersatz am niedrigsten ist.
Relativ leicht haben es auch wirklich Vermögende, die nicht von Arbeitseinkommen leben: Sie sind nicht ortsgebunden und können den steuerlichen Wohnsitz dorthin verlegen, wo wenig oder keine Steuern zu bezahlen sind. 183 Tage im Jahr - so lange muss man sich außerhalb der österreichischen Landesgrenzen aufhalten, um hier nicht unbegrenzt steuerpflichtig zu werden - lassen sich in der Schweiz oder auf einem noblen Karibikeiland schon aushalten. Wem das zu mühsam ist, für den ist auch die österreichische Stiftung so konstruiert, dass ihn die Steuern nicht an den Bettelstab bringen.

Schwieriger wird es schon, wenn nicht legale „Steueroptimierung", sondern echte Steuerhinterziehung im Spiel ist. Denn die Behörden und Banken der bisher klassischen Steuervermeidungsländer - Schweiz und Liechtenstein - werden zunehmend zur Kooperation mit ausländischen Finanzbehörden gezwungen. Und jene reichen Kunden, die ihre Millionen noch schnell in einen Singapur-Trust gerettet haben, werden diese Erfahrung bald auch dort machen: Auch in Fernost steigt der Druck auf Kooperation.

Schwieriger geworden ist es unterdessen auch für „Kleinkonzernbesitzer": Eine Zeit lang hatte ja jeder bessere PR- oder Politikberater sein über Steueroasen aller Art - von den Seychellen über Cayman bis Zypern - gespanntes Briefkastenfirmengeflecht, über das nicht versteuerte Honorare so lange steuerfrei bis steuerschonend im Kreis geschickt werden konnten, bis sie einigermaßen „sauber" in der Liechtenstein-Stiftung landeten. Das Ganze kostet bei darauf spezialisierten Anwaltskanzleien läppische 500 bis 1500 Euro pro Briefkasten und Jahr.

An das versteckte Geld zu kommen war kein großes Problem. Für jede der Briefkastenfirmen ist eine „Company-Card" zu haben, mit der dann unter Firmennamen an jedem Bankomaten der Welt Abhebungen getätigt werden konnten. Praktisch, dass kein Finanzbeamter jemals erfuhr, wem diese Firma gehört.
Diese Lösung bekommt aber Risse: Erstens sind Steueroasen auch nicht mehr so dicht, wie sie einmal waren. Cayman beispielsweise beginnt demnächst mit gebremstem Datenaustausch. Zweitens hinterlassen solche Transaktionen eben doch Spuren, die im Computerzeitalter effizienter zu verfolgen sind.
Dazu kommt, dass Leute mit dürren Einkommensteuererklärungen und teurem Lebensstil ein wenig auffallen. Die sicherste (und älteste) Methode ist also immer noch, das Geld vor Ort in der „Oase" zu verbraten. „Was glauben Sie", hat ein Schweizer Banker neulich einem deutschen Journalisten gesagt, „warum in St. Moritz die Reichendichte so hoch ist? Nur wegen der Berge?"

("Die Presse", Printausgabe, 06.04.2013)

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