Irische Schuldner dürfen nicht mehr im Ausland urlauben

IRELAND ECONOMY
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Ein neues Gesetz erleichtert es den Iren, in Insolvenz zu gehen. Dafür müssen sie sich strengen Finanzregeln für das tägliche Leben unterwerfen.

Dublin/Bloomberg/Jaz. Irland ist bisher für private Schuldner, denen ihre Schulden über den Kopf gewachsen sind, ein hartes Pflaster gewesen: Zwölf Jahre dauerte das Verfahren bis zur endgültigen Entschuldung. Deutlich länger als in anderen europäischen Ländern, weshalb sich zuletzt sogar ein reger „Konkurstourismus“ Richtung London entwickelte – „Die Presse“ berichtete.

Die irische Regierung hat nun auf diesen Missstand reagiert und ein neues Insolvenzrecht erstellt. Dieses sieht nicht nur eine kürzere Dauer des Privatkonkurses vor, sondern auch drei Möglichkeiten für einen Konkurs „light“. Dies sei dringend notwendig geworden, heißt es in der Politik. Denn aufgrund der einstigen Immobilienblase sind immer noch tausende Haushalte stark verschuldet.

Obergrenzen für Lebensmittel

Doch auch künftig wird es für irische Schuldner strenge Regeln geben, die sie einhalten müssen. So veröffentlichte die Privatinsolvenzagentur (ISI) des Landes nun ihre Richtlinien, an die sich jene halten müssen, die eine der neuen Möglichkeiten für den verkürzten Konkurs nutzen wollen. Und darin sind das Verbot von Urlaubsreisen ins Ausland oder Obergrenzen bei den Ausgaben für Lebensmittel enthalten.

Die monatlichen Ausgaben für Einzelpersonen, die sich um eine Entschuldung bemühen, sollen demnach bei Bekleidung auf 35,73Euro, bei Nahrungsmitteln auf 247,04 Euro und bei Bedarf für die persönliche Hygiene auf 33,40Euro begrenzt werden. Haushalte in Städten mit einem „angemessenen Nahverkehrssystem“ dürften darüber hinaus nicht länger ein Auto besitzen. Und eine private Krankenversicherung könnte ebenfalls zur unnötigen Ausgabe gezählt werden, wenn die Schuldner nicht aufgrund einer bestehenden Krankheit dringend darauf angewiesen sind.

Die Richtlinien setzen einen „Lebensstandard, der auf den Notwendigkeiten basiert, und nicht auf dem, was man will. Aber sie erlauben mehr als nur ein Überleben und ermöglichen eine sinnstiftende Beteiligung an der Gesellschaft“, schreibt die ISI.

Laut der Irischen Zentralbank liegt die Verschuldung der Haushalte im Land bei mehr als 200Prozent des verfügbaren Einkommens. Das ist das Zweifache des Durchschnitts in den Staaten der Europäischen Union. Nahezu zwölf Prozent der irischen Hypotheken von Kreditnehmern, die selbst in den Immobilien wohnen, sind Ende Dezember mindestens drei Monate im Zahlungsverzug gewesen. Bei Hypotheken für Immobilien, die vermietet werden, ist die Quote sogar bei rund 19Prozent gelegen.

Verbraucherschützer sind dafür

„Eine der Prioritäten dieser Regierung war es, die besten Lösungen für Leute zu schaffen, die unter der Last unhaltbarer Schulden leben“, erklärte Justizminister Alan Shatter in dieser Woche mit Blick auf die neuen Regelungen zu privaten Insolvenzen.

Verbrauchervertreter lobten die gefundenen Regelungen. „Wir begrüßen, dass die Insolvenzagentur akzeptiert hat, dass ein angemessener Lebensstandard nicht bedeutet, dass ein Mensch nur am Existenzminimum leben sollte“, erklärte etwa die Organisation Free Legal Advice in Dublin.

Irlands Zentralbank übt unterdessen Druck auf die Banken aus, sie mögen noch bilaterale Einigungen mit den Schuldnern erzielen – anstelle einer Privatinsolvenz. In der Tat haben inzwischen einige der Banken damit begonnen, unwiederbringliche Eigenheimkredite abzuschreiben. Sie erlauben Schuldner zudem, Zahlungen zumindest teilweise auszusetzen – bis sich die privaten Umstände verbessert haben.

Auf einen Blick

In Irland gelten künftig neue Regeln für Privatinsolvenzen. Die Verfahren werden schneller abgeschlossen, dafür müssen sich die Schuldner strengen Finanzregeln für das tägliche Leben unterwerfen. So gibt es klar definierte Obergrenzen für Ausgaben oder ein Verbot für Autos, wenn es ausreichend öffentliche Verkehrsmittel gibt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.04.2013)

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