Geldverstecke: "Schwarze" Milliarden in Steueroasen

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Geldverstecke: "Schwarze" Milliarden in Steueroasen(c) AP (Dave Martin)
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Bis zu 32.000 Milliarden Dollar werden nach Angaben des Tax Justice Network - teils über komplizierte Konstruktionen - in Offshore-Steuerparadiesen versteckt. Den Oasen droht nun aber rapide Austrocknung.

New york/Bloomberg. Die laufende Scheidungsklage des russischen Milliardärs Dmitri Rybolowlew und seiner Frau Elena gibt einen seltenen Einblick in einige der ausgeklügeltsten Möglichkeiten, die die Reichsten der Welt nutzen, um ihr Geld an den Steuerbehörden vorbeizulotsen.

Wohlhabende Individuen verstecken nach Angaben des Tax Justice Network bis zu 32.000 Mrd. Dollar im Ausland. Mehr als 30 Prozent der 200 reichsten Menschen der Welt kontrollieren Teile ihres Privatvermögens indirekt über ausländische Holdinggesellschaften oder andere Konstrukte. Diese Strukturen verstecken häufig Vermögenswerte vor Steuerbehörden oder bieten eine rechtliche Absicherung vor potenziellen Verstaatlichungen und Klagen.

Im Fall von Rybolowlew läuft die Scheidungsklage seit fast fünf Jahren und umfasst mindestens sieben Länder. Dabei wirft Elena Rybolowlewa ihrem Mann vor, sich einer „Vielzahl von Drittparteien“ zu bedienen, um ein Netzwerk von Offshore-Holdinggesellschaften und Stiftungen zu schaffen, um dadurch Vermögenswerte außerhalb ihrer Reichweite zu verstecken. Sie fordert von ihm sechs Mrd. Dollar. Dabei geht es unter anderem um Kunstwerke für etwa 500 Mio. Dollar, Juwelen für 36 Mio. Dollar und eine Yacht für 80 Mio. Dollar. Die Klagen laufen in der Schweiz, auf den britischen Virgin Islands, in England, Wales, den USA, Zypern und Singapur. Das Vermögen von Rybolowlew wird auf 9,5 Mrd. Dollar geschätzt.

Rybolovlew, der in Monaco lebt, machte den größten Teil seines Vermögens mit dem Verkauf von zwei russischen Kaliproduzenten für acht Mrd. Dollar. Er hielt Uralkali und Silvinit über eine Madura Holding mit Sitz in Zypern.

In Deutschland gründete Dieter Schwarz, der zweitreichste Mensch des Landes, im Jahr 1999 eine gemeinnützige Gesellschaft mit beschränkter Haftung. Darin befinden sich seine Diskonterketten Lidl und Kaufland, die gemeinsam den größten privaten Nahrungsmittelhändler Europas bilden. Der 73-Jährige kontrolliert über die Dieter-Schwarz-Stiftung (eine von der Steuer befreite Gesellschaft) ein Vermögen von 23,6Mrd. Dollar. Rund 0,1 Prozent davon hat er für wohltätige Zwecke gestiftet.

Vielfach werden Vermögen aber Offshore gehalten. Wer sich ein Offshore-Konto zulegen wolle, müsse dafür nicht sonderlich tief in die Tasche greifen, sagt Anwalt Waleri Tutychin von der Genfer Kanzlei John Tiner & Partners, die sich auf Vermögensverwaltung spezialisiert hat. Gewöhnlich würden solche Gesellschaften etwa 1500 Dollar kosten, russische Studenten würden so etwas bereits für 200 Dollar anbieten.

Selbst die angesehensten Firmen verlangen für Offshore-Konstrukte nicht viel mehr, wobei Milliardäre häufig noch „zehntausende Dollar“ für Anwälte und zur Sicherung der Diskretion ausgeben.

Allerdings wird es immer schwieriger, Vermögen international zu verstecken. Viele traditionelle Fluchtländer, darunter die Schweiz und Liechtenstein, haben das Fluchtgeld-Geschäftsmodell praktisch schon aufgegeben, andere, wie etwa die britischen Karibik-Oasen oder Singapur, geraten immer stärker unter Druck, zu kooperieren. „Wir leben in einer Welt, in der einem nur zwei Möglichkeiten bleiben: sich an die Regeln des Landes zu halten, in dem man wohnt, oder es zu verlassen, wenn man nicht nach den Regeln spielen will“, sagt der Hongkonger Steuerberater Philip Marcovici, der auch im Verwaltungsrat des Liechtensteiner Vermögensberaters Kaiser Partner Group sitzt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.05.2013)

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