Agrarspekulanten auf dem Rückzug

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Symbolbild(c) Clemens Fabry
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Österreichische Banken bieten kaum noch Geschäfte mit Lebensmittelspekulationen an. Auch Deutschland zieht jetzt nach. Wie sehr das Wetten die Preise von Lebensmitteln beeinflusst, ist umstritten.

Wien/ES/AG. Immer mehr Banken steigen aus dem Geschäft mit Lebensmittelspekulationen aus. Begonnen hat diese Entwicklung in Österreich letzten Sommer, als Volksbank Investments nach heftiger Kritik der Arbeiterkammer ein Produkt vom Markt nehmen musste, das Anlegern versprach, bis zu 120 Prozent am Preisaufschwung weltweit wichtiger Agrarrohstoffe zu profitieren.

Man habe seither keine neuen Produkte aufgelegt und lasse alle bestehenden auslaufen, so Volksbank-Pressesprecher Walter Gröblinger. Ähnliches gilt auch für die Raiffeisen Centrobank (RCB). Derzeit habe man noch zehn Produkte ohne Laufzeitbegrenzung mit einem vernachlässigbaren Volumen von zwei Mio. Euro im Portfolio. Bank Austria, Erste Bank, Bawag und Allianz bieten nach eigenen Angaben keine derartigen Anlageprodukte mehr an.

Deutsche Banken ziehen nach

Auch deutsche Banken springen auf den Dampfer auf. So berichtete der „Spiegel“ am Montag, dass sich die DZ-Bank, Dachorganisation von 900 Volks- und Raiffeisenbanken, komplett vom Geschäft mit Nahrungsmittelspekulationen zurückzieht. Zuvor hatten in Deutschland bereits die Commerzbank und mehrere Landesbanken erklärt, aus der Spekulation mit Agrarrohstoffen aussteigen zu wollen. Nur die Deutsche Bank und die Allianz bieten nach wie vor derartige Produkte an.

Wie sehr das Wetten auf Preisanstieg oder -verfall die Preise von Mais, Zucker, Weizen und Co. tatsächlich beeinflusst, ist umstritten. „Spekulationen auf Lebensmittel können die Volatilität (Schwankung, Anm.) von Preisen erhöhen“, sagt WU-Ökonomin Eva Pichler. Jedes Prozent Preissteigerung habe zur Folge, dass weltweit rund 16.000 Menschen mehr hungern müssten.

Doch Spekulationen auf Nahrungsmittel können auch einen Nutzen haben: Bauern sichern sich damit feste Preise für ihre Ernte und sind so weniger vom Wetter abhängig. Das ist nur möglich, wenn jemand anderer auf steigende Preise setzt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.05.2013)

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