Handelspakt mit USA: 545 Euro für jeden Haushalt?

Nichts verzollen Freihandelsgespraechen
Nichts verzollen Freihandelsgespraechen(c) Reuters (Lucas Jackson)
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Durch ein Freihandelsabkommen der EU mit den USA sollen nicht nur die Zölle beseitigt werden, sondern auch unterschiedliche technische Standards.

545 Euro im Jahr - das ist der Durchschnittsertrag für jeden Haushalt, wenn die Europäische Union mit den USA ein Freihandelsabkommen abschließt und damit Zölle und andere Handelsschranken wegfallen. So sagt es zumindest die Brüsseler EU-Kommission voraus. Sie steht deshalb in den Startlöchern, um mit der US-Seite den Handelspakt zu entwerfen. Doch die dafür nötige Erlaubnis der EU-Handelsminister an diesem Freitag steht auf der Kippe, zudem wird Kritik an möglichen Nachteilen für die Verbraucher laut.

"Generell sollten alle etwas vom TTIP haben", schreibt die Kommission in einem aktuellen Positionspapier; TTIP ist die englische Abkürzung für das Abkommen. "Die Preise werden sinken, weil Einfuhrzölle auf Waren aus den USA ebenso abgeschafft werden wie unnötige Vorschriften, die den Handel zwischen der EU und den USA verteuern", heißt es in dem Papier.

Zölle sind nicht einziges Hemmnis

Die Zölle sind ohnehin schon vergleichsweise niedrig. Doch hier macht es die Summe: Rund zwei Milliarden Euro beträgt das Handelsvolumen zwischen den Wirtschaftsriesen USA und EU für Waren und Dienstleistungen - am Tag. Und es geht eben nicht nur um den Abbau der Zölle. Wichtiger sind in den Augen vieler andere Hemmnisse wie etwa unterschiedliche technische Standards. Wenn deswegen ein Auto erst aufwendig umgerüstet werden muss, bevor es verschifft wird, kann das viel teurer werden als der Zoll.

Von einer Vereinheitlichung derartiger Regeln könnten beide Seiten profitieren, meint die Kommission, und aus der Industrie kommt Zustimmung. Bei Kraftfahrzeugen etwa erwartet Brüssel eine Steigerung der Ausfuhren EU-USA um fast 150 Prozent, und entsprechende Impulse für Wirtschaft und Arbeitsplätze in Europa.

Sorge um Verbraucherschutz

Doch würde das Abkommen nur Vorteile bringen? Der SPD-Europaabgeordnete Bernd Lange fürchtet, dass es sich negativ auf den Verbraucherschutz auswirken könnte. So hätten die USA bereits als Bedingung für die Verhandlungen durchgesetzt, dass mit Milchsäure gesäubertes Fleisch in die EU eingeführt werden dürfe. Auch beim Datenschutz sieht Lange Probleme. "Das Recht auf Vergessen kennen die Amerikaner nicht", meint er und spielt auf ein europäisches Gesetzesprojekt an. Danach sollen Internetnutzer künftig leichter beispielsweise das Löschen von Fotos im Netz durchsetzen. Denkbar, dass Firmen wie Facebook in den USA Druck machen und über den Handelspakt solche EU-Regeln zu kippen versuchen, glaubt der Sozialdemokrat.

Ähnliche Bedenken hat der Verbraucherzentrale Bundesverband. "Wir sehen das Risiko einer signifikanten Absenkung des Verbraucherschutzes insbesondere im Datenschutz, bei Lebensmitteln, Medizin- und Finanzprodukten", sagt EU-Expertin Katharina Knoll. Sie verweist zum Beispiel auf den in den USA weitergehenden Antibiotika-Einsatz bei Nutztieren.

Frankreich sperrt sich

Der FDP-Parlamentarier Jürgen Creutzmann findet dagegen, dass die Europäer den USA entgegenkommen müssen: "Die Amerikaner haben eine starke Beef-Lobby. Wenn Sie denen nichts geben, können Sie das Freihandelsabkommen vergessen." Als Mittelweg schlägt er eine Kennzeichnungspflicht vor.

Am Freitag sollen die Handelsminister der Kommission das Verhandlungsmandat erteilen. Jedoch sperrt sich Frankreich. Es geht um die sogenannte kulturelle Ausnahme. Frankreich hat größte Sorge, dass zum Beispiel Subventionen für kulturell wertvolle Filme durch den Pakt auf den Prüfstand kämen. Berlin hingegen mahnte am Mittwoch zu einem Beginn. Die Verhandlungen würden Jahre dauern, bemerkte Regierungssprecher Steffen Seibert. "Insofern wäre es gut, wir fangen bald an."

(APA/AFP)

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