Milliardenspritze für Italiens Wirtschaft

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Die Regierung plant neue U-Bahn-Linien, Tunnel und Brücken. So sollen 30.000 neue Arbeitsplätze in der Baubranche entstehen.

Wien/Ag./Red. Italiens Regierung um Ministerpräsident Enrico Letta pumpt Milliarden in die Infrastruktur des Landes – und verspricht sich davon ein Anziehen der Wirtschaft. Rund drei Milliarden Euro hat die Regierung, die seit sieben Wochen im Amt ist, für groß angelegte Bauprojekte vorgesehen: So sollen neue U-Bahn-Linien in Rom, Mailand und Neapel entstehen, Autobahnstrecken erneuert sowie Tunnels und Brücken gebaut und Schulen renoviert werden. Allein 600 Mio. Euro werden für die Modernisierung des Bahnnetzes bereitgestellt.

Das Konjunkturprogramm, das Letta am Samstag nach einer Kabinettssitzung angekündigt hat, umfasst 80 Punkte: Geplant sind auch Programme zur Unterstützung von Klein- und Mittelunternehmen. Die Regierung erhofft sich durch das Paket 30.000 Arbeitsplätze in der Baubranche. Es sollen bürokratische Verfahren vereinfacht werden, wovon Familien wie Unternehmer profitieren sollen. Stromkunden sollen durch die Senkung der Steuer zur Förderung erneuerbarer Energien um 550 Mio. Euro entlastet werden.

Auch sonst will die Regierung den Bürgern entgegenkommen, die von der Krise getroffen sind: So sollen etwa von Italienern, die mit dem Fiskus in Schwierigkeiten geraten sind, nicht mehr wie bisher die Eigentumswohnung verpfändet werden, wenn diese Hauptwohnsitz der Familie ist.

Höhere Steuern schon im Anrollen

Nächste Woche will Letta weitere Maßnahmen vorstellen, auch zur Bekämpfung der hohen Jugendarbeitslosigkeit: Sie liegt bereits bei 40,5 Prozent. Italiens Finanzminister Fabrizio Saccomanni hatte am Freitag bei einem Treffen mit Ministern aus Deutschland, Frankreich und Spanien vorgeschlagen, zum Beispiel Minibonds oder Anleihen mit vereinfachten Auflagen für Klein- und Mittelbetriebe zu ermöglichen, damit sich diese leichter finanzieren können.

Leisten kann sich Italien die milliardenschwere Konjunkturspritze eigentlich überhaupt nicht. Die Staatsverschuldung liegt bei 132 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP). Das Konjunkturprogramm werde keine Belastung für das Budget darstellen, so Letta. Er hält an dem Ziel fest, das Defizit heuer wieder unter die in der Eurozone erlaubte Marke von drei Prozent des BIPs zu drücken. Laut Plan der Regierung werde das Budgetdefizit heuer 2,9Prozent der Wirtschaftsleistung betragen.

Zuletzt kamen aber Zweifel auf, ob dieses Ziel noch realistisch sei. Die Wirtschaft dürfte heuer nämlich stärker schrumpfen als um jene 1,3 Prozent, mit denen die Regierung kalkuliert. Italien befindet sich in der längsten Rezession seit 1970. Von Jänner bis März sank das BIP um 0,6 Prozent – und damit das siebte Quartal in Folge. Eine baldige Trendwende ist nicht in Sicht. Im Juli wird die Mehrwertsteuer um einen Prozentpunkt auf 22 Prozent angehoben.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.06.2013)

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