Niederlande: Steuersünder dürfen nicht fliegen

Niederlande Steuersuender
Niederlande Steuersuender(c) AP (EVERT ELZINGA)
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Wer dem Staat Steuern schuldet oder einen Strafzettel nicht bezahlt hat, darf nicht ins Flugzeug einsteigen und darf damit seinen Urlaub streichen.

Amsterdam. Zahlen oder zu Hause bleiben – vor dieser Alternative stehen derzeit wieder Tausende von Niederländern, wenn sie vom Amsterdamer Flughafen Schiphol aus in den Urlaub jetten wollen. Denn die holländische Grenzpolizei Koninklijke Marechaussee hat zusammen mit dem Haager Finanzministerium und der zentralen Bußgeldbehörde Centraal Justiteel Incassobureau (CJIB) wieder zur Jagd auf die Steuersünder und Strafzettel-Ignoranten geblasen. Jeder Niederländer, der vom Flughafen Schiphol aus derzeit in den Urlaub jetten will, wird bei der Passkontrolle mit seinem Namen in die nationale Verkehrs- und Steuersünderkartei eingescannt.

Steuersünder dürfen nicht weg

Und wehe dem, der darin steht. Wehe dem, der noch Steuerschulden hat, wehe dem, der noch einen Strafzettel wegen Falschparkens oder Zu-schnell-Fahrens nicht beglichen hat. Der- oder diejenige muss dann auf der Stelle die noch offenen Schulden an den Staat bezahlen. Noch auf dem Flughafen.

Kann er oder sie das nicht, dann heißt es einfach: Ausreise nicht gestattet. Das Flugzeug wird ohne ihn abheben, wenn er nicht bezahlen kann oder will.

„Die meisten bezahlen dann sofort. Schließlich wollen sie in den Urlaub fliegen“, sagt Grenzpolizeikommandant Jos Pieters. „Manche müssen nur kleine Beträge, so zwischen 100 und 300 Euro, begleichen.“ Es sind aber auch Leute darunter, die dem Staat zehntausende Euro schulden. Auch für sie gibt es kein Pardon. Sie müssen auf der Stelle den gesamten Betrag bezahlen, oder das Flugzeug fliegt ohne sie ab. Rund eine halbe Million Euro an noch ausstehenden Steuern und Bußgeldern hat der niederländische Staat schon in den ersten fünf Monaten dieses Jahres von seinen reisewilligen Bürgern auf dem Flughafen abkassiert. „Das ist rund ein Viertel mehr als zur gleichen Zeit im vorigen Jahr“, stellt der Grenzbeamte und Steuereintreiber Jos Pieters stolz fest.

Im vergangenen Jahr sei es gelungen, 1,2 Mio. Euro von Steuer- und Bußgeldsündern auf dem Amsterdamer Flughafen Schiphol einzutreiben. „Dieses Jahr wird das wohl viel mehr“, meint Jos Pieters, der seine ihm unterstellten Beamten und Grenzwächter anspornt, keine Gnade walten zu lassen.

Im vorigen Jahr mussten 700Niederländer auf ihren Urlaub verzichten, weil sie die noch ausstehenden Steuerschulden oder Bußgeldbescheide auf dem Flughafen bei der Ausreise nicht sofort bezahlen konnten. In diesem Jahr werden es voraussichtlich noch viel mehr sein. Denn das Kontrollsystem wurde perfektioniert und aktualisiert, sodass auch ein Bußgeldbescheid, der gerade erst erging und dessen Zahlungsfrist erst Stunden vor dem Abflug abgelaufen ist, noch erfasst werden kann.

Festnahme möglich

Vor dem niederländischen Fiskus kann nun niemand mehr fliehen. Anstatt am Strand im Urlaubsland anzukommen, kann es für so manchen Niederländer nun auch passieren, dass er oder sie in einer Gefängniszelle auf dem Amsterdamer Flughafen Schiphol landet. Denn aufgrund einer Gesetzesänderung darf die Grenzpolizei Marechaussee säumige Steuer- oder Bußgeldbezahler jetzt bis zu sieben Tage lang festhalten, wenn sie nicht bezahlen wollen oder können. Es sind drakonische Maßnahmen und Strafen, die nach Ansicht vieler gar nicht zu einem demokratischen Rechtsstaat passen.

Auf einen Blick

Niederländer, die in den Urlaub jetten wollen, werden bei der Passkontrolle mit ihren Namen in die nationale Verkehrs- und Steuersünderkartei eingescannt. Dann haben sie die Wahl: zahlen oder daheim bleiben. Bis Mai konnte der Fiskus heuer schon eine halbe Million Euro eintreiben.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.06.2013)

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