Konjunktur: Europa hantelt sich langsam aus der Talsohle

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Symbolbild(c) EPA (PATRICK SEEGER)
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Unternehmenszahlen zeigen, dass die rekordverdächtig lange Rezession vorbei sein könnte. Immer mehr Konzerne übertreffen mit ihren Halbjahreszahlen die Umsatzprognosen der Analysten.

Wien/Bloomberg. Vom Luxusautohersteller Daimler über den französischen Baukonzern Vinci SA zum Informationstechnologieanbieter IBM: Weltweit operierende Unternehmen bestätigen übereinstimmend – Europa hat das Schlimmste überstanden. Über die Hälfte der im Benchmarkindex Stoxx Europe 600 gelisteten Unternehmen, die bisher Zahlen für das zweite Quartal vorgelegt haben, übertrafen die Umsatzprognosen der Analysten. Im vorangegangenen Quartal traf das nur auf etwa 40 Prozent zu.

Ein Großteil der Verbesserung geht auf höhere Umsätze in Nordamerika und Asien zurück, doch haben die Auswirkungen der Schuldenkrise in Europa die Zuwächse diesmal nicht überlagert.

„Frankreich hält sich besser als wir vor sechs Monaten gedacht hätten“, sagte Xavier Huillard, der Vorstandschef von Vinci, dem größten Baukonzern Europas, der auch mautpflichtige Straßen betreibt. „Der Verkehr ist oft ein vorauslaufender Indikator, und es hat den Anschein, als hätten wir die Talsohle erreicht und als habe die Erholungsphase eingesetzt.“

Diese vorsichtigen Anflüge von Optimismus bei den Konzernlenkern gesellen sich zu Wirtschaftsdaten aus der Region, die belegen, dass Europa dabei ist, seine rekordverdächtig lange Rezession hinter sich zu lassen. Ausschlaggebend dafür ist vor allem die konjunkturelle Erholung in Deutschland. Auch Mario Draghi, der Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB), sagte am Donnerstag nach unerwartet starken Daten aus dem verarbeitenden Gewerbe, die Eurozone habe das Schlimmste hinter sich.

Die Autohersteller – eine der am stärksten unter der Rezession leidenden Branchen – betonen zwar, es könne viele Jahre dauern, bis das Absatzniveau des Rekordjahres 2009 (damals gab es in vielen Ländern Verschrottungsprämien beim Neuwagenkauf) wieder erreicht wird. Sie sind aber mittlerweile überzeugt, dass ihre Lage sich nicht weiter verschlechtert. Der Stoxx 600 Automobiles & Parts ist mit einem Plus von 20 Prozent seit Jahresbeginn der Branchenindex, der in Europa die beste Entwicklung aufweist.

Die vorliegenden Zahlen „scheinen zu zeigen, dass der Markt in der ersten Jahreshälfte die Talsohle erreicht hat“, meinte Jean-Baptiste de Chatillon, Finanzvorstand von PSA Peugeot Citroën. Der zweitgrößte Autohersteller Europas hat dank erfolgreicher Sparmaßnahmen im zweiten Quartal einen Verlust vorgelegt, der geringer ausfiel als von Analysten erwartet.

Bei Daimler, wo man im vergangenen Jahr ein Rentabilitätsziel, das bereits 2010 hätte erreicht werden sollen, auf unbestimmte Zeit vertagt hat, rechnet man für die zweite Jahreshälfte mit erheblichen Gewinnsteigerungen.

Aus US-Unternehmen sehen Plus in Europa

Auch US-Unternehmen berichten nach Umsatzeinbrüchen im ersten Quartal von einer Aufhellung in Europa in den letzten drei Monaten. „Wir sehen selbst inmitten der lahmen Konjunktur Fortschritte“, sagte Darren Wells, Finanzvorstand beim Reifenhersteller Goodyear. In einer Abkehr vom Trend der vergangenen fünf Quartale sei in Europa, Nahost und Afrika mehr verkauft worden und auch beim operativen Gewinn sei eine Verbesserung spürbar. „In Europa hat sich der Abwärtstrend gegenüber dem Vorquartal verlangsamt“, meint auch Mark Loughridge, Finanzvorstand von IBM. In mehreren größeren Ländern habe sich die Wachstumsrate verbessert.

Weniger optimistisch zeigen sich Unternehmen, die von öffentlichen Aufträgen abhängig sind. Bei ABB, dem weltweit größten Produzenten von Transformatoren, ist der Auftragseingang im zweiten Quartal zurückgegangen. Und beim Nahrungsmittelhersteller Danone spürt man vor allem den Nachfragerückgang in Südeuropa.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.08.2013)

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