Red Bull: Alles Handeln ward für die Dose

Bull Alles Handeln ward
Bull Alles Handeln ward(c) Red Bull
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Formel 1, Fußball, Eishockey, Extremsportarten, Zeitschriften, TV-Stationen. Red Bull ist zu einem Konzern mit vielen Aktivitäten gewachsen. Am Ende geht es aber immer nur um eines: mehr Dosen zu verkaufen.

Sie ist exakt 13 Zentimeter groß, fünf Zentimeter breit und aus blau-silber gefärbtem Aluminium. In ihr findet sich eine Mischung aus Wasser, Zucker, Kohlen- und Zitronensäure, Koffein, Taurin sowie ein paar Aroma- und Farbstoffen. Und auch wenn sie für eine Getränkedose verhältnismäßig edel wirkt, ist sie alles andere als Hightech. Dennoch ist sie das kommerziell erfolgreichste Produkt, das je in Österreich entwickelt und hergestellt wurde.

5,2 Milliarden Red-Bull-Dosen wurden im vergangenen Jahr weltweit abgesetzt, fast dreizehn Prozent mehr als im Jahr zuvor. Der im Salzburger Fuschl beheimatete Konzern erzielte damit einen Umsatz von knapp fünf Milliarden Euro. Und auch wenn genau genommen natürlich gesagt werden muss, dass die Rezeptur des Energydrinks bereits lange vor dem Start von Red Bull im Jahr 1987 vom inzwischen verstorbenen Thailänder und Unternehmensmitbesitzer Chaleo Yoovidhya erfunden wurde: Zu einem globalen Erfolg wurde das Getränk erst unter der Marke Red Bull.

Denn gekauft wird der laut Experten wie ein „Espresso mit viel Zucker“ wirkende Drink vor allem wegen der darum aufgebauten Marketingmaschinerie. Und diese stammt aus Österreich. Oder genauer gesagt: Sie stammt aus dem Hirn von Red-Bull-Chef Dietrich Mateschitz.

Seinen jüngsten Coup hat Mateschitz vor eineinhalb Wochen gelandet. Da wurde bekannt, dass ab dem Jahr 2014 wieder ein Formel-1-Grand- Prix in Österreich stattfinden wird. Und zwar auf dem zu Red Bull gehörenden ehemaligen Österreich-Ring im obersteirischen Spielberg. Dieser führt inzwischen natürlich auch den Markennamen des Energydrinks.

Dem Unternehmen brachte dies nicht nur unzählige Namensnennungen in nationalen und internationalen Medien. Auch die inzwischen kräftig angewachsene eigene Medienflotte feuerte quasi aus allen Rohren. So wurde etwa auf dem konzerneigenen Sender Servus TV stundenlang von aktiven und ehemaligen Motorsportlern über das Ereignis und die Rennstrecke diskutiert. Natürlich nicht, ohne dass Red Bull oder das Logo der aufeinanderzustürmenden roten Stiere regelmäßig im Bild vorkamen.

„Alles, was wir tun, tun wir für den Wert und das Image der Marke“, sagte Mateschitz einst. Und das Beispiel des Formel-1-Grand-Prix zeigt sehr gut, was das in der Realität bedeutet: So wird in Spielberg künftig ein Red-Bull-Team auf einer Red-Bull-Strecke Rennen fahren, und Red-Bull-Medien werden darüber voller Inbrunst berichten. Denn Red Bull ist inzwischen weit mehr als der Vertrieb von Dosen (die Produktion wurde ja ohnehin von Anfang an ausgelagert). Red Bull ist Fußballmannschaften, Formel-1-Teams, Eishockey-Klubs, Zeitschriften und TV-Stationen. Doch all diese Aktivitäten haben immer nur einen Zweck: mehr Dosen zu verkaufen.


Positiver Mehrwert. Natürlich stellt Mateschitz an alle Red-Bull-Beteiligungen wirtschaftliche Anforderungen. Das bedeutet aber nicht automatisch schwarze Zahlen. Sondern: Das Verhältnis zwischen Kosten und dem Mehrwert der Marke müsse positiv sein, erklärte er einmal. Denn das wirkliche Geld wird weiterhin mit dem Verkauf des Energydrinks gemacht. 2011 brachte das laut im Firmenbuch veröffentlichter Bilanz immerhin einen Nettogewinn von 311 Millionen Euro.

Dabei ist das astronomische Marketingbudget in Höhe von 1,3 Milliarden Euro bereits abgezogen. Damit gibt Red Bull nicht nur deutlich mehr als ein Viertel des Umsatzes für Werbeaktivitäten aus. Dieser Betrag ist auch absolut höher als etwa jener des US-Elektronikkonzerns Apple, der pro Jahr rund eine Milliarde in Werbung steckt.

Doch es ist weniger die Menge, die bei Red Bull den Unterschied macht. Es ist die Art. Kein anderes Unternehmen versteht Marketing so radikal und umfassend wie der Salzburger Konzern. Anfangs setzte Red Bull vor allem auf die Finanzierung von Extremsportlern – Basejumper, Moto-Cross-Artisten, Kunstflieger, Extrem-Snowboarder. Die Sportart musste nur möglichst gefährlich und die Proponenten möglichst lässig und unangepasst sein, damit sie Teil der „Welt von Red Bull“ werden konnten. Durch das Trinken des Energydrinks könne jeder Konsument Teil dieser Welt werden, lautete sodann das Heilsversprechen an die meist jugendlichen Fans.

Doch diese Marketingschiene erreichte vor rund zehn Jahren ihren Zenit. Vor allem konnte die breite Masse dadurch nicht erreicht werden, da die Randsportarten in den Medien nur am Rand vorkamen. Also entschloss sich Mateschitz dazu, in etablierte Sportarten zu gehen – Fußball oder eben die Formel 1. Doch auch hier sollte sich Red Bull anders verhalten als andere Unternehmen.

Statt mit viel Geld das Logo auf den Trikots oder Heckspoilern erfolgreicher Teams zu platzieren, macht Red Bull eigene Teams. Dazu kauft das Unternehmen schwache Mannschaften wie das Jaguar-Formel-1-Team oder die New Yorker Fußballmannschaft MetroStars und wandelt sie in Red-Bull-Mannschaften um. Alle Red-Bull-Fußballmannschaften weltweit spielen nun in den gleichen Trikotfarben und haben dieselben Logos. Alle Motorsportteams haben dieselben Farben auf ihren Fahrzeugen.

Dank der stetig fließenden Marketingmillionen streben diese Mannschaften in ihren Ligen und Sportarten ununterbrochen nach oben, bis sie die Spitze erreichen. So wie es das Red-Bull-Formel-1-Team mit dem dreimaligen Sieg in der Meisterschaft seit 2010 bereits geschafft hat.

Dem Konzern brachte dieser Einstieg in den Mainstream-Sport zwar schon deutlich mehr Aufmerksamkeit und Werbewert. Es war jedoch immer noch von anderen Medien abhängig, dass die „Geschichte von Red Bull“ transportiert wird.

Doch auch dies sollte sich schon bald ändern. 2005 begannen Mitarbeiter von Red Bull erstmals in einem Lastwagen am Rand von Formel-1-Rennen ein Magazin zu drucken und an die Besucher zu verteilen. Was als begrenzte Aktion gedacht war, bringt Mateschitz auf eine grandiose Idee: Warum weiter von anderen Medien abhängig sein, wenn man seine Sportler und seine Marke auch selbst medial verbreiten kann?

Red-Bull-TV. Die seither gegründete Red Bull Media House besitzt inzwischen mehrere Zeitschriften, Radiosender und einen TV-Kanal: Servus TV. Doch das Medienengagement steht noch am Anfang. „Servus TV ist dazu da, das Handwerk für Red-Bull-TV zu lernen“, so Mateschitz im Frühjahr in einem Interview. Und dieser Sender soll dann global verfügbar sein – auch in dem wichtigen US-Markt.

Natürlich bringt Servus TV ein für Privatfernsehen ungewöhnlich qualitätsvolles Fernsehen. Mit vielen Dokumentationen und intelligenten Talk-Formaten, ganz ohne Bezug zum Konzern. Er wolle schließlich nichts machen, was seine „humanistische Bildung“ beleidigt, erzählte Mateschitz einst im Scherz. Doch worum es bei allem schlussendlich geht, zeigen die regelmäßigen „Red-Bull-Fenster“, in denen eine der selbst erfundenen Sportarten wie Red-Bull-X-Fighters oder eben das eigene Formel-1-Team stundenlang mit viel Pomp vorgestellt werden: Das Logo und der Name des Konzerns sollen möglichst groß und nachhaltig den potenziellen Konsumenten vor den TV-Geräten präsentiert werden.

Der Verkauf von acht Milliarden Dosen pro Jahr im Lauf dieses Jahrzehnts wird dem Unternehmen oft als Ziel zugeschrieben. Konkrete Angaben dazu sind bei Red Bull jedoch nicht zu erfahren. Wie sich der Konzern auch sonst extrem zurückhaltend gibt, wenn es um Fragen über das Unternehmen an sich geht. Nach außen hin kommuniziert wird nur gern, wenn es um die sportlichen Aktivitäten oder Ereignisse wie den Weltrekordsprung von Felix Baumgartner geht. Denn nur diese Kommunikation stärkt die Marke. Und nur so werden mehr Dosen verkauft.

Red Bull in Zahlen

5,2MIlliarden Dosen.
So viel verkaufte Red Bull im Jahr 2012.

4,9Milliarden Euro.

So viel nahm Red Bull damit im Jahr 2012 ein.

1,3Milliarden Euro.

So viel gibt Red Bull pro Jahr für Werbung und Marketing aus.

300Millionen Euro.

Um so viel weniger als Red Bull gibt der Technologiekonzern Apple pro Jahr für Werbung und Marketing aus.

311Millionen Euro.

So hoch ist der Nettogewinn, den Red Bull im Jahr 2011 einfuhr.

13Zentimeter.

So hoch ist eine Red-Bull-Dose, dazu fünf Zentimeter breit und aus blau-silber gefärbtem Aluminium. In ihr findet sich eine Mischung aus Wasser, Zucker, Kohlen- und Zitronensäure, Koffein, Taurin sowie ein paar Aroma- und Farbstoffen.

1987Das Jahr, in dem der Energydrink Red Bull in Österreich auf den Markt kam.

2005Das Jahr, in dem Mitarbeiter von Red Bull erstmals ein Magazin druckten und an Formel-1-Besucher verteilten. Inzwischen besitzt Red Bull Media House mehrere Zeitschriften, Radiosender und den TV-Kanal Servus TV.

8966Mitarbeiter.

So viele Beschäftigte hatte Red Bull Ende 2012.

165Länder.

An so vielen Orten wird weltweit Red Bull verkauft.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.08.2013)

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