Fed: Deutsche sollen Inflation ertragen

Deutsche sollen Inflation ertragen
Deutsche sollen Inflation ertragen(c) REUTERS (JAMES LAWLER DUGGAN)
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Ein Bericht der US-Notenbank sorgt für Aufregung: Die Fed fordert die Europäische Zentralbank auf, mehr Geld zu drucken und in Ländern wie Deutschland höhere Inflationsraten zuzulassen.

Wien/B.l. Ein Bericht der US-Notenbank Fed sorgt dieser Tage für Aufregung – nicht zuletzt in Deutschland. Robert Hetzel von der Federal Reserve Bank of Richmond stellt darin die These auf, dass es nicht die europäische Schuldenkrise war, die eine Wirtschaftskrise ausgelöst habe, sondern umgekehrt. Die Angst der Investoren infolge der Rezession habe erst die Anleiherenditen von Spanien oder Italien in die Höhe schnellen lassen.

Die Europäische Zentralbank (EZB) unterliege dem Irrtum, dass sie primär gegen die Schuldenkrise vorgehen müsse, um die Rezession in den Griff zu bekommen. Vielmehr sollte sie aber die Wirtschaft stärken und ihren Widerstand gegen das Gelddrucken aufgeben, so der Rat der Amerikaner. Die Europäer sollten Staatsanleihen kaufen, in welchem Umfang auch immer das nötig sei, damit die Wirtschaft wieder wächst. Dabei sollte die EZB auch den Übernachteinlagenzinssatz negativ machen.

EZB ließ Zinsen niedrig

Das, so räumen die Fed-Experten ein, würde freilich dazu führen, dass jene Länder, die derzeit hohe Exportüberschüsse haben, über einen längeren Zeitraum eine Inflationsrate von mehr als zwei Prozent hinnehmen müssten. „Die EZB wird der deutschen Öffentlichkeit erklären müssen, dass diese Inflation kein Zeichen von Mangel an jener Disziplin ist, die Deutschland zu seinen Handelsbilanzüberschüssen verholfen hat.“

Von einer straffen Geldpolitik der EZB kann indes ohnehin kaum eine Rede sein: Vergangenen Donnerstag beschloss die Zentralbank, den Leitzins weiterhin auf dem historischen Tief von 0,5 Prozent zu belassen. EZB-Chef Mario Draghi kündigte zudem an, dass der Leitzinssatz für einen längeren Zeitraum niedrig bleiben werde.

Doch während die Fed in großem Stil Staatsanleihen kauft, hielt sich die EZB mit solchen Schritten noch eher zurück (sieht man von begrenzten Käufen während der Griechenland-Krise und von der Ankündigung, im Notfall unbegrenzt Staatsanleihen kaufen zu wollen, ab). Noch liegt die Inflationsrate in der Eurozone wegen der schwachen Wirtschaft bei 1,6 Prozent und damit deutlich unter der angepeilten Obergrenze von zwei Prozent. In Deutschland liegt sie bei 1,9 und in Österreich mit 2,2 Prozent leicht über dem Schnitt, doch auch das krisengebeutelte Spanien verzeichnet eine Teuerungsrate von 2,2 Prozent. In Griechenland herrscht allerdings Deflation: Güter und Dienstleistungen haben sich dort seit einem Jahr um 0,3 Prozent verbilligt.

Negative Realzinsen

Doch die Tatsache, dass die Inflationsrate unter dem Wert von zwei Prozent liegt, der von der EZB als „Preisstabilität“ bezeichnet wird, verschleiert ein ganz anderes Problem: Die Sparer in vielen Euroländern– auch in Österreich– leiden unter negativen Realzinsen: Zwar ist die Inflationsrate nicht hoch, die Zinsen sind aber noch niedriger. Das bedeutet, dass Sparer sukzessive enteignet werden, während die Staaten ihre Schulden abbauen können. „Finanzielle Repression“ heißt der Fachausdruck.

Wie aus einer Postbank-Studie hervorgeht, wird die Niedrigzinspolitik der EZB allein die deutschen Sparvermögen bis 2015 um real (also inflationsbereinigt) 35 Mrd. Euro schrumpfen lassen. „Durch den Anstieg der Inflation bei anhaltend niedrigen Zinsen wird sich die reale Vermögensentwertung beschleunigen“, sagte Postbank-Chefstratege Marco Bargel zur „Bild“-Zeitung. Ein Phänomen, das sich bei einer höheren Inflationsrate noch verstärken würde.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.08.2013)

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