Spanien koppelt Pension an Lebenserwartung

Spanien koppelt Pension Lebenserwartung
Spanien koppelt Pension Lebenserwartung(c) REUTERS (Marcelo del Pozo)
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Die spanische Regierung will Pensionserhöhungen von der Inflationsrate loslösen. Dafür werden künftig die durchschnittliche Lebenserwartung und die Konjunkturlage zur Pensionsberechnung herangezogen.

Madrid/Wien/Es/Ag. Spanien greift zu härteren Maßnahmen im Kampf gegen seine Staatsschulden. Und diesmal sollen vor allem die Pensionisten zur Kasse gebeten werden – indem die Pensionen künftig nicht mehr automatisch mit der Inflation steigen.

Ab 2014 sollen Pensionserhöhungen von der Teuerungsrate entkoppelt werden und stattdessen an die Einnahmen aus den Sozialversicherungsbeiträgen angepasst werden. Angesichts der hohen Arbeitslosigkeit – im August betrug die Arbeitslosenquote 26,3Prozent – leidet der spanische Staatshaushalt unter der geringen Zahl der Beitragszahler. Diese ist auf den tiefsten Stand seit einem Jahrzehnt gefallen. Die Zahl der Spanier ohne Job war im August mit 4,7 Millionen unverändert hoch. Immerhin, der Boden des Jammertals dürfte erreicht sein. Denn zum ersten Mal seit 13 Jahren, seit 2000, hat die Zahl der Arbeitslosen nicht mehr zugenommen.

Doch erst müssen sich die spanischen Pensionisten noch auf einige magere Jahre mit Pensionsanstiegen weit unter der Inflationsrate einstellen. Letztere lag im Juli bei rund 1,8 Prozent. Im November, dem Monat der Inflationsanpassung, betrug die jährliche Rate 2,9 Prozent. Doch bereits für das laufende Jahr wurden die Pensionen nur mehr um ein Prozent aufgestockt.

Jetzt kommt es noch dicker: Die konservative Regierung unter Ministerpräsident Mariano Rajoy garantiert für die nächsten Jahre nur mehr einen jährlichen Pensionszuwachs von 0,25 Prozent. Zudem soll eine Deckelung eingeführt werden, die verhindert, dass die Pensionen um mehr als 0,25 Prozentpunkte stärker als die Inflationsrate ansteigen.

EU setzte Spanien unter Druck

Mit den angekündigten Anpassungen im Pensionssystem reagiert Spanien auf den Druck der EU-Kommission. Im Juli musste die spanische Regierung zweimal den Reservefonds der Sozialversicherung anzapfen, um zusätzliche Pensionsleistungen im Sommer bezahlen zu können.

Um den spanischen Pensionisten die beiden ihnen gesetzlich zustehenden Sommerschecks auszahlen zu können, waren insgesamt 4,5 Mrd. Euro aus dem Rücklagenfonds nötig. Rajoy versucht der Bevölkerung das neuerliche Reformpaket erträglich zu machen, indem er darauf hinweist, dass dadurch ein höheres Pensionsantrittsalter vermieden werden konnte. Vor einem Jahr hat Rajoy angekündigt, den 15-Jahres-Zeitraum für die Anhebung des Pensionsantrittsalters von 62 auf 65 Jahre zu verkürzen.

Der heimische Pensionsexperte Bernd Marin hält eine Anpassung der Pensionen an die durchschnittliche Lebenserwartung, wie Spanien sie plant, prinzipiell für sinnvoll. „Die durchschnittliche Lebenserwartung wächst um zweieinhalb Jahre pro Jahrzehnt. Die meisten OECD-Länder berücksichtigen das auch bereits bei der Pensionsberechnung“, sagt Marin. Österreich allerdings nicht. Eine genaue Beurteilung der Maßnahmen in Spanien sei wegen der fehlenden Details aber schwierig.

Auch hierzulande hat es im Jahr 2004 den Versuch gegeben, die Lebenserwartung in die Berechnung der Pensionsformel zu integrieren. Laut Marin waren die von der Regierung getroffenen Maßnahmen jedoch „ökonomisch unsinnig und widersprüchlich“. 2008 wurde das Vorhaben wieder gestrichen, so Marin. Das Sozialministerium bekräftigte am Dienstag, dass die Lebenserwartung bei der Pensionsberechnung in Österreich in absehbarer Zukunft keine Rolle spielen werde.

Inflation: Abstriche auch in Österreich

In Österreich werden die Pensionen jährlich an die Inflationsrate angepasst. Als Beitrag zum Sparpaket wurde jedoch gesetzlich fixiert, dass die Anhebung im heurigen Jahr um einen Prozentpunkt unter der errechneten Teuerungsrate liegt, im kommenden Jahr dann um 0,8 Prozentpunkte.

Für 2013 bedeutete das eine Pensionserhöhung um 1,8 Prozent statt der vollen Inflationsabgeltung von 2,8Prozent. Diese erhielten lediglich Bezieher der Ausgleichszulagen (Mindestpensionen). 2014 wird es laut Wirtschaftsexperten voraussichtlich zu einer Anhebung der Pensionen – bei einer erwarteten Inflationsrate von 2,3 Prozent – um 1,5 Prozent kommen. 2015 und 2016 soll die Inflationsrate wieder voll abgegolten werden.

Auf einen Blick

Pensionsberechnung. Die Formel, die für die jährliche Anpassung der Pensionen herangezogen wird, variiert von Land zu Land. Ein häufiger Faktor ist die Inflationsrate. Spanien will die Pensionen nun nicht mehr an die Inflation angleichen. Stattdessen sollen Konjunktur und durchschnittliche Lebenserwartung eine Rolle spielen. Auch hierzulande müssen die Pensionisten 2013 und 2014 wegen des Sparpakets Abstriche bei der Angleichung der Pensionen an die Inflationsrate hinnehmen. Die Pensionserhöhung wird 2013 um einen Prozentpunkt, 2014 um 0,8 Prozentpunkte unter der Inflationsrate liegen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.09.2013)

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