Reiche Norweger steuern auf gewaltige Immobilienblase zu

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Häuser seien um bis zu 40 Prozent zu teuer, so der IWF. Auf das Platzen der Blase seien die verschuldeten Bürger nicht vorbereitet.

Wien. Wer in Norwegen wohnt, darf sich getrost zu den reichsten Europäern zählen. Nur in Luxemburg ist die Wirtschaftsleistung pro Kopf noch höher als im skandinavischen Land. Das Erdöl, das Norwegen vor über 40Jahren unter seiner Erde entdeckt hat, beschert den Bürgern noch heute hohe Einkommen, geringe Arbeitslosigkeit und einen stark ausgebauten Sozialstaat. Doch der schnelle Reichtum birgt auch Tücken, wie eine aktuelle Analyse des Internationalen Währungsfonds (IWF) wenige Tage vor der Wahl zeigt: Die reichsten Bürger Skandinaviens säßen möglicherweise auf der größten Immobilienblase außerhalb Kanadas, warnen die Autoren in ihrem Bericht.

Häuser seit 2005 um 71 Prozent teurer

Häuser und Wohnungen im Land seien um bis zu 40 Prozent überbewertet. Während in den vergangenen fünf Jahren seit der Finanzkrise die Immobilienpreise in den meisten Ländern stagniert hätten, werden Immobilien in Norwegen unbeirrt teurer. Seit dem Jahr 2005 sind die Preise für Häuser in Norwegen um 71 Prozent gestiegen, zeigen aktuelle Daten des norwegischen Statistikamts. Allein im Vorjahr gingen die Immopreise um über sechs Prozent nach oben. Doppelt so schnell wie alle anderen Preise.

Zum Teil lässt sich das mit den hohen Löhnen, niedrigen Zinsen und einer starken Zuwanderung erklären. Dennoch seien die Preise stark überbewertet und große Teile der Bevölkerung gegen eine plötzliche Korrektur der Immobilienpreise nicht gewappnet, warnt der IWF. Denn ein Gutteil der Norweger hat in den vergangenen Jahren enorm hohe Kredite aufgenommen, um sich den Traum vom Eigenheim zu erfüllen. Die notwendigen Rücklagen sind nicht immer vorhanden. Die Schulden würden die Einkommen mittlerweile um das Fünffache übersteigen, so der IWF.

Konservative stehen vor dem Wahlsieg

Die konservative Politikerin Erna Solberg, Favoritin auf den Wahlsieg, will davon nichts wissen. Es gebe in Norwegen keine Immobilienblase, erklärte sie kürzlich und kündigte daher an, die Bestimmungen für die Vergabe von Hypothekardarlehen wieder lockern zu wollen. Die derzeit regierenden Sozialdemokraten haben wenig dagegenzuhalten. Wie in den meisten Ländern rufen sie auch in Norwegen nach einem Ausbau des Wohlfahrtsstaates. Doch es scheint, als hätten die Norweger nach 40 Jahren Ölreichtum kein Interesse mehr an noch mehr sozialer Umverteilung. Umfragen zufolge dürften die Konservativen die Wahl mit komfortablem Vorsprung gewinnen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.09.2013)

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