Österreich: Insel der Seligen – mit Abstrichen

Insel Seligen
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Der IWF lobt die Alpenrepublik: Anderen Ländern ginge es viel schlechter. Die zu hohen Steuern, notverstaatlichte Pleitebanken sowie die Staatsschulden trüben das Bild aber.

Wien/Washington/Jil. Es ist für die Damen und Herren vom Internationalen Währungsfonds (IWF) keine Selbstverständlichkeit, auch einmal ein Lob auszusprechen. Das gehört zum Job: Der IWF gilt als Krisenfeuerwehr. Der alljährliche Länderbericht zu Österreich bildet da aber meist eine Ausnahme. Und auch heuer hat der Fonds wieder lobende Worte für Österreich übrig – der mahnende Zeigefinger ist allerdings auch inkludiert.

„Österreich bleibt eine Region relativer Stabilität in der europäischen Landschaft“, schreibt der IWF in seinem neuen Länderbericht. Heißt übersetzt: Der Alpenrepublik geht es vergleichsweise gut – weil es anderen Ländern viel schlechter geht. Dementsprechend kommen die positiven Nachrichten nicht ohne Einschränkungen aus. Die Arbeitslosigkeit sei zwar weiterhin die niedrigste in der EU – sie steigt aber. „Das Wachstum ist seit Anfang 2012 ins Stocken geraten, was sich verstärkt auch auf dem Arbeitsmarkt bemerkbar macht.“ Zudem bleibt die Inflation deutlich höher als in Deutschland – während die Löhne stagnieren.

Staat soll Banken abwickeln

Der Bankensektor scheint für neue Krisen gut gerüstet – solange sie nicht in Osteuropa entstehen (wo die heimischen Banken überproportional stark investiert sind). „Die drei größten Banken haben ihre Kapitalausstattung verbessert“, so der IWF. Auch das Überschwappen von Problemen aus dem Osten konnte verhindert werden – zumindest bisher. Das „Exposure“ österreichischer Banken sei seit der Krise allerdings um weitere 3,5 Prozent gewachsen. Als weitaus problematischer schätzen die Experten dennoch die Lage der notverstaatlichten Banken (wie Hypo Alpe Adria und Kommunalkredit) ein.

Das ist freilich logisch, da die Banken eben in der Not verstaatlicht wurden, um eine Kettenreaktion zu verhindern. Allerdings: „Ende 2012 repräsentierten diese Banken bereits acht Prozent des Bankensektors und 28 Prozent des BIPs.“ Heißt: Der Staat steht mit Steuergeldern für Pleitebanken gerade, auf deren Büchern Probleme im „Wert“ von fast einem Drittel der heimischen Wirtschaftsleistung stehen.

Der IWF geht aber davon aus, dass die meisten Risken unter Kontrolle zu bringen sind. „Die Restrukturierung dieser Banken sollte sich auf die Minimierung der fiskalischen Kosten konzentrieren – ohne Rücksicht auf kurzfristige Auswirkungen.“ Heißt: Der IWF bevorzugt eine rasche Abwicklung der Pleitebanken, auch wenn für ein, zwei Jahre ein höheres Defizit in Kauf genommen werden muss. Dass der IWF die Hypo als das größte Problem dabei identifiziert, dürfte niemanden mehr überraschen. Auch deswegen ist der IWF weit weniger optimistisch als die Regierung, was die Entwicklung von Schulden und Defizit betrifft.

Steuern sind zu hoch

Bis 2018 erwarten die Experten ein Defizit von 1,4 Prozent sowie einen Schuldenstand von 72 Prozent des BIPs. Die Regierung hofft bis dahin gar auf einen Budgetüberschuss von 0,2 Prozent und einen Schuldenstand von bloß 67 Prozent des BIPs. Die vom IWF auch errechneten „versteckten“ Schulden aus ÖBB, Asfinag und Co. belaufen sich inzwischen auf 43 Mrd. Euro – von denen nur elf Mrd. schon offiziell eingerechnet wurden.

Und beide Szenarien gehen von (langsamem) Wachstum aus. Eine neue Krise könnte sie also zunichte machen. Der IWF erwähnt auch einnahmenseitige Lücken in der Finanzplanung des Bundes – konkret die „Unsicherheiten“ bezüglich der stockenden Finanztransaktionssteuer. Weiters warnt der Fonds vor Risken für private Kreditnehmer, sollte es zu einer raschen Zinswende kommen, weil viele Kreditnehmer auf variable Zinsen gesetzt haben. Positiv: Nur 36 Prozent der Österreicher sind überhaupt verschuldet.

Sehr deutliche Kritik übt der Fonds an der Steuerstruktur: „Die Steuerlast ist zu hoch und der Faktor Arbeit wird sehr stark besteuert“, schreibt der Fonds. Dies habe einen negativen Effekt auf die Arbeitswilligkeit gerade der schlecht ausgebildeten Kräfte – was wiederum das Sozialsystem belastet.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.09.2013)

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