Deutschland baut Schulden ab

(c) EPA (RAINER JENSEN)
  • Drucken

Die deutschen Staatsschulden sind wegen guter Entwicklung der staatlichen Bad Banks im Halbjahr um 34 Mrd. Euro gesunken. In Österreich sind sie kräftig weiter gestiegen.

Berlin/Wien. Deutschland ist im ersten Halbjahr 2013 ein seltenes Kunststück gelungen: Die Staatsschulden sind gesunken. Und zwar nicht nur in Relation zum Bruttoinlandsprodukt, sondern auch absolut. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes in Berlin lagen die Staatsschulden (Bund, Länder und Gemeinden einschließlich Extrahaushalte) zur Jahresmitte um rund 34 Mrd. Euro oder 1,6 Prozent unter dem Wert vom Jänner. Der Gesamtschuldenstand liegt freilich immer noch bei knapp über zwei Billionen Euro.

Deutschland sticht damit aus der Eurozone heraus. In Österreich, wo der Schuldenstand seit 1970 Jahr für Jahr gestiegen ist (auch im Jahr des angeblichen Nulldefizits), hat die Staatsschuld auch heuer deutlich weiter zugelegt. Exakte Halbjahreszahlen liegen noch nicht vor, der Schuldenstand (ohne ausgegliederte Verbindlichkeiten) dürfte aber um rund sechs Mrd. nach oben geklettert sein. Offizielle Zahlen der Statistik Austria gibt es für das erste Quartal. Demnach ist die österreichische Staatsschuld von Jänner bis Ende März um 4,2 Mrd. Euro auf 231,6 Mrd. Euro gewachsen. Der Anstieg war so stark, dass sich auch die Schuldenrelation zum BIP von 73,2 auf 74,2 Prozent verschlechtert hat. Das ist der zweitschlechteste Wert in der Geschichte der Zweiten Republik. Nur im zweiten Quartal 2012 war die Schulden-BIP-Relation mit 74,9 Prozent noch schlechter.

Der Schuldenabbau in Deutschland ist freilich Sondereffekten geschuldet, der Staat selbst fährt noch immer ein – wenn auch kleines – Defizit und peilt einen ausgeglichenen Staatshaushalt erst für das kommende Jahr an. Geholfen hat diesmal die Bankenrettung: Deutschland hatte die giftigen Wertpapiere seiner Wackelbanken in der Krise in zwei staatliche Bad Banks (FMS Wertmanagement und Erste Abwicklungsanstalt) ausgelagert, was die Staatsschuld damals erhöht hatte. Besonders viele der hier abgelagerten Schrottpapiere stammten von den Pleitebanken Hypo Real Estate und WestLB.

Diese beiden Abwicklungsbanken sind nun offenbar bei der Verwertung der „faulen“ Papiere sehr erfolgreich. Der Schuldenabbau wurde jedenfalls praktisch zur Gänze aus Verkaufserlösen der beiden Bad Banks getragen. Die Verschuldung der deutschen Gemeinden ist dagegen weiter leicht gestiegen.

Konjunktur kommt langsam in Fahrt

Ein wenig Rückenwind bekommen die Staaten bei ihren Budgetsanierungsbemühungen nun von der europäischen Konjunktur: Die Prognosen werden jetzt laufend angehoben, wenn auch nur minimal. Die Oesterreichische Nationalbank beispielsweise hat gestern ihre Prognose für das heimische BIP-Wachstum leicht erhöht und erwartet nun eine Steigerung des BIPs im Gesamtjahr um 0,5 Prozent.

Allerdings trauen die Notenbanker der Lage noch nicht so recht, denn die Prognose ist mit gravierenden Unsicherheiten behaftet. Das Risiko einer erneuten Konjunkturabschwächung sei derzeit größer als die Chance auf eine Verbesserung, hieß es. Denn die Gefahr eines erneuten Aufflackerns der Schuldenkrise sei in der Eurozone noch nicht gebannt. 0,5 Prozent Wachstum ist aber jedenfalls zu wenig, um den Arbeitsmarkt zu stabilisieren. Die Arbeitslosenrate werde weiter wachsen, hieß es.

Mit einer freundlichen Konjunkturentwicklung in der Eurozone rechnen nun auch die Raiffeisen-Analysten. Grund dafür sei eine Stabilisierung in den Krisenländern, hieß es. Heuer werde das BIP der Eurozone nicht, wie ursprünglich geplant, um 0,7, sondern nur um 0,3 Prozent zurückgehen. Und im kommenden Jahr sei ein Wachstum von 1,5 statt, wie bisher angenommen, 1,2 Prozent absehbar.

Nach Ansicht der Raiffeisen-Experten wird die Wachstumsdifferenz zwischen Deutschland und den Peripherieländern in den nächsten Monaten abnehmen. Italien und Spanien müssten im kommenden Jahr nicht mehr mit einem Rezessionsszenario rechnen. Nur Griechenland werde es erst 2015 schaffen, aus der Rezession zu kommen.

Nach Ansicht von Raiffeisen-Chefanalyst Peter Brezinschek ist das aber noch keine wirkliche Trendwende, sondern eine „Stabilisierung auf niedrigem Niveau“. So sorge in einigen Ländern, die besonders von der Rezession betroffen sind, der sogenannte Basiseffekt (niedriges Ausgangsniveau) dafür, dass das Wachstum besser aussehe, als es in Wahrheit sei. (ju/APA )

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.09.2013)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.