Russlands Konzerne in Börsenlaune

Russlands Konzerne Boersenlaune
Russlands Konzerne Boersenlaune(c) EPA (RIO TINTO)
  • Drucken

Noch in diesem Monat werden die Bank Tinkoff und der weltweit größte Diamantenkonzern Alrosa Anteile an den Börsen London und Moskau platzieren.

Moskau. Gleich mit zwei bedeutenden Platzierungen krönt Russlands Aktienmarkt in den nächsten Tagen die unerwartete Rallye, von der der Moskauer Leitindex Micex trotz schwachen wirtschaftlichen Umfelds seit Anfang September in Richtung Jahreshoch getrieben wird. Zum einen durch den Börsengang eines führenden Kreditkartenanbieters, der Bank Tinkoff (TCS Group), die ihre Roadshow vor gut einer Woche in London gestartet hat und deren Order-Buch gleich am ersten Tag überzeichnet war. Oleg Tinkoff, einer der erfolgreichsten russischen Unternehmer, will in London mindestens 1,09Mrd. Dollar einspielen. Über seine Bank, die er erst 2007 gegründet hat, erhalten die Investoren Zugang zu jenem Sektor an Finanzdienstleistungen, der zuletzt am rasantesten gewachsen ist und nach Einschätzung der Zentralbank Überhitzungserscheinungen zeigt.

Schleppende Privatisierung

Nicht in London, sondern entsprechend dem neuen Börsenpatriotismus in Moskau vollzieht indes der staatliche russische Diamantenmonopolist Alrosa noch vor Monatsende seine Zweitplatzierung. Konkret bietet der mehrheitlich in Staatsbesitz stehende Bergbaukonzern, der 27 Prozent der weltweiten Produktion abdeckt, 16 Prozent seiner Anteile an. Damit stößt der Staat die schleppend vorankommende Umsetzung des 15 Mrd. Dollar umfassenden Privatisierungsprogrammes wieder an. Unter dem Strich reduziert er seine Beteiligung auf unter 69 Prozent. Als Spanne wurde vorige Woche 35 bis 38 Rubel ausgegeben, was nah am Marktpreis liegt. Daraus ergeben sich ein Platzierungsvolumen von 1,4 Mrd. Dollar und eine Marktkapitalisierung von 8,7 Mrd. Dollar.

Mit dem Erlös will Alrosa seine Schulden reduzieren, die Ende 2013 bei 2,8 Mrd. Dollar und damit beim Doppelten des Betriebsgewinns (Ebitda) lagen. Die Schuldensituation wird auch durch den soeben erfolgten Verkauf der Gassparte für 1,38 Mrd. Dollar erleichtert. Zweiteres war auch der Grund, dass die Ratingagentur Fitch das langfristige Rating des Diamantenkonzerns soeben von BB– auf BB hochgestuft hat. Der Verkauf der Gasaktiva ermögliche die Konzentration auf das Kerngeschäft mit Edelsteinen, heißt es bei Fitch.

Die Zweitplatzierung selbst hingegen wirke sich nicht auf das Rating aus, da der Staat die Kontrollmehrheit behalte. Außerdem sei die Produktpalette nicht ausreichend diversifiziert. Unterdessen gab Alrosa bekannt, künftig eine Dividende von zumindest 35 Prozent des Reingewinns auszuschütten, um zehn Prozentpunkte mehr als 2012.

Im Vorjahr hat der in Ostsibirien beheimatete Konzern 34,4Millionen Karat (ein Karat entspricht 0,2 Gramm) an Diamanten gefördert, was laut Kimberley Process 27 Prozent der globalen Rohdiamantenförderung entspricht. Unter dem Strich wurde ein Reingewinn von 1,1 Mrd. Dollar erzielt, ungefähr ein Viertel mehr als 2011. Was die Ressourcen betrifft, so reichen diese laut Konzernangaben für mindestens 30 Jahre.

Analysten geteilter Ansicht

Die Analysten der russischen Bank BKS haben vorige Woche das Kursziel für Alrosa um zwei Prozent auf 44 Rubel erhöht, sehen aber das Wachstumspotenzial vom angegebenen Preiskorridor aus als nicht ausreichend, um einen Kauf zu empfehlen. Andrej Tretelnikov von Rye, Man & Gor Securities erkennt in der Preisspanne dagegen eine klare Unterbewertung, da der Konzern einzigartig sei und eine starke Wachstumsgeschichte habe. Der Preisabschlag sei dazu da, um Fonds, wie Alrosa es wünscht, als Investoren anzulocken.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.10.2013)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.