Islands Firmenchefs wettern gegen Euro-Aus der Regierung

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Island werde hinter andere Staaten zurückfallen und noch weniger wettbewerbsfähig werden, meint ein isländischer Unternehmer.

Islands Unternehmenschefs wettern gegen die Entscheidung ihrer Regierung, Europa den Rücken zu kehren. Ihrer Einschätzung nach schadet diese Haltung den Aussichten für den Handel - denn am Ende bleibe dem Land nur eine Währung, die niemand haben will: die Krone.
Ein Beitritt zur Europäischen Union (EU) und die anschließende Einführung der Gemeinschaftswährung sei von entscheidender Bedeutung, wenn Island ein nachhaltiges Wirtschaftswachstum erreichen wolle, sagt Jon Sigurdsson, Chef des größten börsengehandelten Unternehmens des Landes. Denn die seit 2008 eingeleiteten Krisenmaßnahmen gingen langsam nach hinten los.

"Die neue Regierung ist aus den Beitrittsverhandlungen mit der EU ausgestiegen und hat dadurch den langfristigen Plan, den es gab, vom Tisch genommen, ohne ihn durch irgendetwas anderes zu ersetzen", moniert Sigurdsson, Chief Executive Officer des Prothesenherstellers Össur hf, im Telefoninterview mit Bloomberg. "Das Problem ist, dass niemand der Krone vertraut."

Wahlversprechen eingelöst

Islands Regierung hat die Wahlen im April mit den Versprechen gewonnen, die Gespräche mit der EU zu beenden und den Haushalten ihre Hypothekenschulden zu erlassen. Die Abkehr von Brüssel stellte eine Wende in der isländischen Politik dar: Die vorherige Regierung hatte sich noch für die Einführung des Euro stark gemacht, sobald die seit 2008 bestehenden Krone- Kontrollen aufgehoben werden.

Umfragen zeigen, dass die meisten Isländer hinter dem Politikwechsel hinsichtlich des Euro-Beitritts stehen. Doch die weniger entzückten Unternehmenschefs melden sich nun zu Wort und fordern einen politischen Umdenkungsprozess.

Sorge vor Ende der Kapitalverkehrskontrollen

"Island sollte seine Beitrittsgespräche abschließen", sagt Helgi S. Gunnarsson, CEO der Gebäudewirtschaftsfirma Reginn hf. "Die Aufhebung der Kapitalverkehrskontrollen wird viel schwieriger sein als die Tage behauptet wird. Es wird schmerzhaft. Es wäre leichter, wenn uns die EU beistehen würde."

Die Kapitalverkehrskontrollen waren nach dem Zusammenbruch der drei größten Banken des Landes im Oktober 2008 eingeführt worden. Durch sie werden 7,2 Mrd. Dollar (5,4 Mrd. Euro) an Vermögenswerten blockiert, die nicht aus der 14 Mrd. Dollar schweren Wirtschaft abgezogen werden können. Die Kapitalkontrollen, die der Internationale Währungsfonds abgesegnet hat, haben sich als kontrovers erwiesen. Reykjavik tut sich schwer, sie wieder abzuschaffen, ohne einen Ausverkauf der Krone auszulösen.

Finanzmarkt blockiert

Für Unternehmen wie Össur stellen die Kontrollen einen Nachteil dar. Nach Aussage von Sigurdsson werden dadurch Investitionen in isländische Aktien beschränkt und Emissionen von Anleihen im Ausland unmöglich gemacht - selbst wenn das Tagesgeschäft von den Kontrollen ausgenommen ist. Auch die Auszahlung von Aktienoptionen für ausländische Angestellte sei nicht machbar. Der Hersteller von Fußprothesen für den Olympia- Athleten Oscar Pistorius sei daher abhängig von Finanzierungen durch seine Auslandstöchter und müsse die Zentralbank um Ausnahmegenehmigungen ersuchen.
"Solange die Kapitalverkehrskontrollen in Kraft sind, wird kein Banker, der noch recht bei Verstand ist, Geld nach Island schicken", sagt der Chef des größten Unternehmens an der isländischen Börse, das auf eine Marktkapitalisierung von 96,6 Mrd. Kronen (580 Mio. Euro) kommt.

"Die dauerhafte Nutzung der Krone bedeutet, dass wir hinter andere Staaten zurückfallen und noch weniger wettbewerbsfähig sein werden", fügt Sigurdsson an. "Wenn wir mit unseren Nachbarländern gleichziehen wollen, was Lebensstandard und Wirtschaftswachstum angeht, muss Island ein Teil des internationalen Geschäftsumfelds werden." Das Ende der EU-Beitrittsgespräche sei daher eine "Hiobsbotschaft".
Ähnlich äußert sich auch Gunnarsson von Reginn. Seiner Einschätzung nach hat der Inselstaat eine bessere Chance, seine wirtschaftlichen Ambitionen umzusetzen, wenn er der EU und dem Euro beitritt. "Wir können nicht ewig verschlossen in einer Kiste bleiben", sagt Gunnarsson.

(Bloomberg)

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