US-Banken hängen Europäer ab

(c) APA (Craig Ruttle)
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Die Amerikaner haben ihren Bankensektor radikal saniert, in Europa steht der richtige „Bilanzputz“ noch an. Fazit: Die amerikanischen Banken haben die Krise überstanden.

Wien. Die US-Banken haben nach dem Finanzcrash 2008 das wesentlich bessere Krisenmanagement angewendet als die europäischen Institute – und sind deshalb zurück auf dem Weg zu Profitabilität, während sich die Lage der europäischen Banken weiter verschlechtert. Zu diesem Schluss kommt eine soeben erschienene Studie der Boston Consulting Group („Banks Economic Profit Performance Reveals a Diverging Industry“). Sehr stark entwickeln sich die Bankinstitute in den Schwellennländern, besonders im asiatisch-pazifischen Raum.

Boston Consulting nimmt als Maßstab den sogenannten „Economic Profit“, eine Unternehmensbewertungsmethode, die den Wert eines Unternehmens aus der Differenz zwischen Kapitalrendite und Kapitalkosten multipliziert und mit dem investierten Kapital berechnet.

USA erholen sich wieder

Dieser Economic Profit (EP) hatte in der Krise 2008 in Europa und Nordamerika (siehe Grafik) stark ins Negative gedreht, war in den übrigen Weltregionen aber positiv geblieben. Seither ist er in Asien stark gestiegen (besonders kräftig 2012), aber auch der Mittlere Osten, Afrika und Südamerika konnten sich im positiven Terrain halten. In den USA, wo der Einbruch 2008 am stärksten war, geht es seither steil bergauf. 2012, zum Ende des Beobachtungszeitraums, war der EP nur noch leicht im Minus, heuer dürfte er ins Plus gedreht haben. Anders in Europa, wo die Lage der Banken im negativen Bereich stagnierte und sich 2012 sogar deutlich verschlechterte. Und zwar auf den schlechtesten Wert seit Ausbruch der Krise.

Für die Studienautoren ist klar, dass das Auseinanderdriften der europäischen und amerikanischen Institute sehr viel mit dem angewendeten Krisenmanagement zu tun hat: Die Amerikaner haben ihre Banken zu umfangreichen Abschreibungen und raschen Rekapitalisierungen gezwungen. Das hat sich 2008/2009 in einem ziemlich tiefen Fall niedergeschlagen. Dann aber eine rasche Erholung ermöglicht. Nach Ansicht der Studienautoren wird die Erholung der US-Banken anhalten.

Die Europäer hätten dagegen statt des radikalen Bilanzputzes eine Schritt-für-Schritt-Strategie gewählt, die ganz offenbar danebengegangen sei. Der starke Rückfall des Economic Profit im Jahr 2012 sei beispielsweise eine Folge hoher Kreditvorsorgen in diesen Jahren gewesen. Die US-Banken hatten diese „Arbeit“ des Bilanzausputzens schon im ersten Krisenjahr 2008 erledigt.

Europa ist in Sachen Bankenprofitabilität freilich kein einheitliches Gebilde. Die GIPS-Staaten (Griechenland, Italien, Portugal, Spanien) fallen auch im Bankensektor negativ auf. Dort hat sich der EP 2012 dramatisch auf einen Rekordstand verschlechtert, während er im Rest Europas (freilich ebenfalls im negativen Bereich) auf dem Niveau des vorangegangenen Jahres stagnierte.

Saubermachen steht noch an

In Europa steht das große Saubermachen erst an: Da sollen die Großbanken im kommenden Jahr einem diesmal wirklich strengen Stresstest unterzogen und anschließend zu ausreichender Kapitalisierung verpflichtet werden. Dabei sollen die verbliebenen Problemkredite „identifiziert und abgeschrieben“ werden. Eine Rosskur, die die amerikanische Konkurrenz schon hinter sich hat.

Die Kapitalerfordernisse könnten dabei durchaus sehr große Dimensionen annehmen: In der BC-Studie heißt es, zusammen mit den Basel-Regulierungen könnten Kapitalerhöhungen um fünf bis 20 Prozent erwartet werden. Der Aufbau eines Kapitalpuffers könnte zusätzliche Erfordernisse von bis zu 25Prozent bedeuten. (ju)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.11.2013)

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