Mist glänzt wie Gold dank "Bernankecare"

Ben Bernanke
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Wie die Geldmarktpolitik von US-Notenbank-Chef Ben Bernanke dazu führt, dass sich der Markt seltsam verhält.

Carl Giannone hat es aufgegeben, nach Qualitätsaktien zu suchen. Er macht sich nun einfach die Aufwärtsdynamik am US-Markt zunutze. "Es ist wie bei der Reise nach Jerusalem", sagt Giannone, der mit seinem Team Aktien für das Portfolio von T3 Trading Group LLC in New York auswählt. "Man will nur sicherstellen, dass man sich am Ende hinsetzen kann."

Im nächsten Monat jährt es sich bereits zum fünften Mal, dass die Federal Reserve die Leitzinsen auf ein Niveau nahe Null gesenkt hat. Das ist der längste Zeitraum ohne Erhöhungen in der Geschichte. Zusammen mit mehr als drei Billionen Dollar an Anleihekäufen haben wir "Bernankecare", sagt Joshua Brown, Chief Executive Officer von Ritholtz Wealth Management in New York.

Markt verhält sich seltsam

Dieses Phänomen hat dazu geführt, dass sich einige Bereiche des Marktes seltsam verhalten. Die Kurse von Unternehmen mit schwachen Bilanzen steigen doppelt so stark wie diejenigen von deutlich stärkeren. Kreditnehmer, deren Bonität mit “Ramsch” eingeschätzt wird, erhalten mittlerweile Darlehen zu Zinsen, die niedriger sind als die von Investment-Grade-Schuldnern vor der Kreditkrise. Und Börsenneulinge verdoppeln ihren Kurs am ersten Handelstag.

Auch wenn sie noch in der Minderheit sind, warnen einige Investoren bereits davor, dass die Kurse so stark geklettert sind, dass das bittere Ende bereits absehbar ist. Im Interview mit Bloomberg Television am 12. November erklärte Laurence Fink, der Konzernchef von BlackRock Inc., er fürchte eine Blasenbildung. Er forderte die Fed auf, aus ihrem Bondkauf- Programm auszusteigen.

"Werden Preis zahlen"

"Irgendwann werden wir den Preis dafür zahlen müssen", sagt Michael Shaoul, Vorstandschef von Marketfield Asset Management LLC in New York. Er warnt unter anderem vor "höherer Inflation, steigenden Zinsen und deutlich schwierigeren Geschäftsbedingungen". Aber damit habe es noch eine Weile Zeit. "Ich wäre sehr erstaunt, wenn dieser Bullenmarkt weniger als 18 Monate anhalten würde - vielleicht hält er sogar 36."

Der Standard & Poor’s 500 Index ist in diesem Jahr um 26 Prozent hochgeschnellt und steuert auf sein stärkstes Jahresplus in einem Jahrzehnt zu. Am Aktienmarkt steigt fast alles, und das bereitet Jamie Potkul, Chief Investment Officer des Bread & Butter Fund, Sorgen. Etwa 450 der S&P-500-Mitglieder haben in diesem Jahr Gewinne verzeichnet, womit wir die breiteste Rally seit mindestens zwei Jahrzehnten erleben. Damit bleiben Investoren weniger Kaufgelegenheiten als während der Technologieblase des Jahres 2000, sagt Potkul.

Kaum Gewinne - hohe Bewertung

Gleichzeitig sind die Bewertungen ausgerechnet bei solchen Unternehmen am höchsten, die Schwierigkeiten haben, beständige Gewinne einzufahren. Amazon.com Inc. wird etwa zum 1300-fachen des berichteten Gewinns gehandelt. Netflix Inc. wird mit dem 197fachen des Gewinns bewertet und bei Consol Energy Inc. beträgt das Kurs-Gewinn-Verhältnis 104.

Ein Index von Goldman Sachs, der sich aus Unternehmen mit schwachen Bilanzen zusammensetzt, hat in diesem Jahr 42 Prozent zugelegt. Der Anstieg ist fast doppelt so stark wie bei kreditwürdigeren Unternehmen. Die Bank verwendet eine Formel, die ursprünglich entwickelt wurde, um Insolvenzen vorauszusagen.

Der Index mit 52 Firmen mit schwacher Bilanz umfasst unter anderem:

  • Tenet Healthcare Corp., das Unternehmen mit der höchsten Verschuldungsquote unter den Gesundheitskonzernen im S&P-Index. Die Titel haben 2013 rund 29 Prozent zugelegt und seit Beginn des Bullenmarktes um März 2009 sogar mehr als 1000 Prozent.
  • Micron Technology Inc. hat seine Verschuldung seit 2011 mehr als verdreifacht auf das Zehnfache des jährlichen freien Cash-Flows.
  • Hewlett-Packard Co. hat die Gesamtverschuldung seit 2007 verdreifacht, während die Gewinne gleich blieben. Ende letzten Jahres rieten nur drei von 36 Analysten, die Aktien zu kaufen - sie hat 2013 um 75 Prozent zugelegt.

"Die Analyse verlagert sich irgendwann von Fundamentaldaten hinzu der schlichten Kursentwicklung der Aktie", sagt Michael Purves, Chief Global Strategist bei Weeden & Co. in Greenwich, Connecticut. Die Freigebigkeit der Fed habe einigen unterdurchschnittlichen Unternehmen das Leben gerettet, sagt Bonnie Baha, Leiterin Global Developed Credit bei DoubleLine Capital LP in Los Angeles. Avon Products Inc., RadioShack Corp. und J.C. Penney Co. hätten ohne günstige Kredite und den Schubs, den ihre Kurse dank Bernanke erhalten haben, nie überlebt, erläutert sie.

"Mit der Null-Zins-Politik werden Rahmenbedingungen geschaffen, in denen jeder ein Gewinner sein kann”, sagt Baha. “Wir hatten jetzt fünf Jahre lang eine staatliche Politik, dank der Unternehmen gediehen sind, die auf dem freien Markt Pleite gegangen wären."

(Bloomberg)

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