Benko übernimmt die Macht bei Karstadt

(c) Clemens Fabry
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Die Investorengruppe des Tirolers soll sich eine Option auf alle 83 Warenhäuser gesichert haben – um einen Euro. „Retter“ Berggruen könnte sich mit Gewinn zurückziehen.

Berlin. Es ist nur eine Vorlage an den Aufsichtsrat, an die das deutsche „Manager Magazin“ da geraten ist. Aber was eine Tochter der Signa Holding darin berichtet, hat es in sich. Die Investorengruppe rund um den Tiroler René Benko geht in Deutschland aufs Ganze. Sie hat sich vom entzauberten Karstadt-Retter Nicolas Berggruen eine Option auf das marode Stammgeschäft geholt: den Betrieb von 83 traditionellen Warenhäusern – zum symbolischen Preis von einem Euro.

Schon seit knapp einem Jahr gehören ihnen die Immobilien von 21 Filialen in besten Citylagen. Seit September steuern sie auch mit Dreiviertelmehrheit das Geschäft jener Karstadt-Teile, die noch gut gehen: 28 Sportfilialen und die drei Luxushäuser KaDeWe in Berlin, Alsterhaus in Hamburg und Oberpollinger in München. Die neue Option will die Benko-Truppe laut „Süddeutscher“ erst ziehen, wenn ein Wunschdeal im zweiten Anlauf gelingt: die Übernahme der anderen großen deutschen Kaufhauskette, Galeria Kaufhof, vom Metro-Konzern. Dann wären die traditionellen Flaggschiffe des deutschen Innenstadt-Warenhandels komplett in österreichischer Hand.

Was wie Größenwahn klingt, halten Experten für sehr plausibel. Benko spielt längst in der obersten Immobilenliga mit. Seine Holding verwaltet 5,5 Mrd. Euro. Der erst 36-Jährige hat finanzstarke Investoren: den griechischen Reeder George Economou und den Diamantenhändler Benny Steinmetz, laut „Forbes“-Liste der reichste Israeli. Im Vorjahr wurde Benko wegen Bestechung zu zwölf Monaten Haft auf Bewährung verurteilt. Das Urteil ist nicht rechtskräftig, aber schon in zweiter Instanz bestätigt. Wohl deshalb hat sich Benko aus der operativen Signa-Führung zurückgezogen. Vom Beirat aus treibt er seine Projekte voran. Vor allem in Deutschland, wo hinter der kühnen Expansion ein klares Konzept steht.

Gute behalten, Schlechte verwerten

Im Warenhaus münzten die Deutschen ihr Wirtschaftswunder in Großeinkäufe um, als es noch keine Einkaufszentren und keinen Internethandel gab. Heute ist das Geschäftsmodell in der Krise. Karstadt schlitterte in die Insolvenz. Aber die Immobilien sind bestens gelegen, im Herzen der Städte. Ein geschickter Investor kann viel Geld damit machen.

Auch Benko hat den Wandel erlebt. Als Bub staunte der Innsbrucker über die Spielwarenabteilung im Kaufhaus Tyrol. Später kaufte er es, riss es ab und landete mit dem spektakulären Neubau als Shoppingcenter seinen ersten Coup. Mit einer der Immobilien, die er an Berggruen vermietet, passiert jetzt Ähnliches: Die Karstadt-Filiale in Stuttgart steht vor dem Aus, der Umbau in ein Einkaufszentrum soll beschlossen sein. Im Gesamtpaket mit Kaufhof hätte Signa alle Optionen: die rentablen Standorte weiterbetreiben, nahe Konkurrenzfilialen und Problemadressen schließen. Deren Immobilien, sofern im Besitz, könnte man umbauen und an Einzelhändler oder als Büros vermieten.

Das klingt freilich anders als das, was Berggruen versprochen hat. Als ihm der Insolvenzverwalter Karstadt schenkte, atmeten die 24.000 Mitarbeiter auf. Der reiche Investor und Kunstmäzen trat als Retter der Arbeitsplätze auf und wollte die Kette als Ganzes wieder profitabel machen. Doch die dringend nötigen Investitionen blieben aus. Geschäftsführer Andrew Jennings geht mit Jahresende von Bord. Über Lizenzgebühren für die Marke zieht Berggruen pro Jahr laut „Handelsblatt“ zehn Mio. aus dem Unternehmen. Von der öffentlichen Kritik irritiert, will der Deutschamerikaner nun offenbar aussteigen.

Als neuer Retter tritt Benko auf. 300 Mio. Euro stecken seine Signa und Ko-Investor Steinmetz in die Sanierung. Nur ein kleiner Teil kommt von Berggruen. Die Hälfte der Summe soll dem Stammgeschäft zugutekommen und für ein positives Image sorgen. Allerdings sind die Mittel vor Vollstreckung gesichert und sollen sich durch Mieterhöhungen rasch amortisieren. Bergguen sichert sich Optionen auf Immobilienanteile, die ihm nach gewinnbringendem Verkauf einen versöhnlichen Exit bescheren können.

Unversöhnt zeigt sich angesichts solcher Perspektiven die Gewerkschaft. Sie will von Benko im Jänner hören, was er wirklich plant. Dann dürfte auch die Öffentlichkeit offiziell erfahren, ob und wie es mit Karstadt unter rot-weiß-roter Flagge weitergeht.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.11.2013)

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