Raiffeisen verkauft Aktien zum Schleuderpreis

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Um die Staatshilfe zurückzuzahlen, holt sich die Raiffeisen Bank International demnächst zwei bis 2,25 Milliarden Euro von der Börse. Damit die Emission ein Erfolg wird, sind die Giebelkreuzer gezwungen, die neuen Aktien unter dem Buchwert zu verkaufen.

Wien. So schnell ändert sich die Situation: Vergangenen Sommer erklärte Walter Rothensteiner, Aufsichtsratspräsident der Raiffeisen Bank International (RBI), dass eine Kapitalerhöhung schwierig sein werde. Denn der damalige Preis für die RBI-Aktie lag mit 25 Euro deutlich unter dem Buchwert von 36,8 Euro. Eine Kapitalerhöhung zum Preis von 25 Euro werde man daher nur machen, wenn es „unbedingt notwendig ist“, erklärte Rothensteiner. Bei einem Kurs von 50 Euro habe er kein Problem.

Seitdem hat sich die Situation nur ein wenig gebessert. Am Donnerstag kostete eine Raiffeisen-Aktie etwas mehr als 26,5 Euro. Trotzdem wollen die Giebelkreuzer nun Aktien unter dem Buchwert verkaufen. Zum besseren Verständnis: Der Buchwert je Aktie entspricht dem Eigenkapital dividiert durch die Anzahl der Aktien. Liegt der Preis einer Aktie deutlich unter dem Buchwert, so ist das für eine Firma nicht unbedingt ein Vertrauensbeweis. Aber derzeit notierten fast alle Banken unter dem Buchwert.

In Summe will sich die Raiffeisen Bank International in den nächsten sechs Monaten zwei bis 2,25 Milliarden Euro von der Börse holen. Die Analysten der Citigroup vermuten, dass die Investoren bei den neuen Aktien aufgrund der Größe der Kapitalerhöhung einen deutlichen Preisabschlag verlangen werden. Rein rechnerisch umfasse das Volumen nahezu das Doppelte des bisherigen Streubesitzes.

Größte Emission in Wien seit 2008

Wann und zu welchem Preis die neuen Aktien verkauft werden, steht noch nicht fest. Doch laut „Presse“-Informationen dürfte die Emission unmittelbar bevorstehen.

Denn es wurden bereits drei Investmentbanken (Deutsche Bank, Schweizer UBS und Raiffeisen Centrobank) mit den Vorbereitungen beauftragt. Zudem sagte RBI-Chef Karl Sevelda ein für nächste Woche geplantes Treffen mit Journalisten ab.

Raiffeisen wird für die mit Abstand größte Kapitalerhöhung an der Wiener Börse seit Ausbruch der Finanz- und Wirtschaftskrise im Jahr 2008 sorgen. Zum Vergleich: Die Erste Group holte sich im Vorjahr 660 Millionen Euro von der Börse.

Es gibt drei Gründe, warum Raiffeisen ungeachtet des niedrigen Börsenkurses mit neuen Aktien auf den Markt kommt:
•Nach der Erste Group und der Bawag erhöhte sich für die Giebelkreuzer der Druck, die im Zuge der Finanzkrise erhaltene Staatshilfe von 1,75 Milliarden Euro zurückzuzahlen. Die Erste Bank hat bereits im vergangenen Sommer alle Schulden beim Staat von 1,2 Milliarden Euro getilgt. Auch die Bawag begann im Vorjahr mit der Rückzahlung.
•Noch heuer wird die Europäische Zentralbank bei allen europäischen Großbanken eine Bilanzprüfung durchführen. Im Vorfeld dürften sich auch andere internationale Finanzkonzerne Geld von der Börse holen.

Partnersuche war erfolglos

•Die Suche nach einem Partner war bei Raiffeisen erfolglos: Vergangenen Sommer sagte RBI-Chef Karl Sevelda, er halte den Einstieg eines ausländischen Investors wie eines arabischen Staatsfonds für denkbar.

Die RBI ist das Herzstück von Raiffeisen. Dort bündeln die Giebelkreuzer ihre Töchter in Zentral- und Osteuropa. Derzeit gehören 78,5Prozent der RBI-Aktien der Raiffeisen Zentralbank (RZB, dahinter stehen die neun Landesbanken). Nur 21,5Prozent werden von „fremden“ Investoren gehalten. Zwar kündigte die RZB am Donnerstag an, dass sie „in sichtbarem Ausmaß“ neue Aktien kaufen werde. Doch Beobachter gehen davon aus, dass es sich hier nur um einen symbolischen Beitrag handeln dürfte.

Im Zuge der Kapitalerhöhung könnte sich der Anteil der fremden Investoren an der RBI auf bis zu 49Prozent erhöhen. Um eine feindliche Übernahme auszuschließen, wird die RZB aber Mehrheitseigentümer ihrer Osteuropa-Tochter bleiben.

Turbulente Zeiten an der Börse

Die Entwicklung der Raiffeisen-Aktie war seit Ausbruch der Finanz- und Wirtschaftskrise ein Trauerspiel. Vor mehr als acht Jahren, am 25.April 2005, wurde das Papier erstmals an der Wiener Börse gehandelt. Damals lag der Ausgabekurs bei 32,2 Euro. Zunächst lief alles gut. Mit der Aktie ging es steil bergauf. Im Jahr 2007 gab es eine Kapitalerhöhung zum Kurs von 104 Euro. Wer damals Aktien kaufte, wurde enttäuscht. Im Februar 2009 kostete eine Raiffeisen-Aktie wegen der Krise nur noch 13 Euro. Seitdem erholte sich der Kurs langsam.

Nach Ankündigung der Kapitalerhöhung verlor die Aktie am Donnerstag vorübergehend acht Prozent. Am Nachmittag war sie mit 26,6 Euro rund drei Prozent im Minus. Analysten sind sich uneinig, wie es weitergeht. Laut Bloomberg empfehlen sechs Analysten, die Aktie zu kaufen. 16 Experten sind für Halten und fünf sind für Verkaufen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.01.2014)

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