Die EU-Kommission sorgt für Aufsehen: Der Staat dürfe EU-Zuwanderern, die ohne Job nach Deutschland kommen, Hilfe nicht pauschal verweigern.
EU-Zuwanderer sind in Deutschland von Hartz-IV-Leistungen ausgeschlossen. Das ist eine zentrale Vorschrift im deutschen Sozialgesetzbuch, die nun von der EU-Kommission in Frage gestellt wird. Das geht aus einer Stellungnahme der EU-Kommission zu einem Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) hervor, die der "Süddeutschen Zeitung" vorliegt. Demnach müssten arme EU-Zuwanderer (z.b. aus Rumänien und Bulgarien) leichter Zugang zu Sozialleistungen erhalten.
In dem konkreten Verfahren hat eine 24-jährige Rumänin geklagt. Sie lebt mit ihrem kleinen Sohn seit 2010 in Deutschland. Sie erhielt zwar Kindergeld und einen Unterhaltsvorschuss vom Jugendamt. Die beantragten Hartz-IV-Leistungen wurden vom zuständigen Jobcenter jedoch abgelehnt. Im Juni 2013 legte das Sozialgericht Leipzig dem EuGH den Fall zur Klärung vor.
Hartz IV auch für nicht-jobsuchende Zuwanderer?
Bemängelt wird von der EU-Kommission der generelle Ausschluss vieler EU-Ausländer von Sozialleistungen. "Auch bei Zuwanderern, die nicht aktiv nach einer Arbeit suchen, muss demnach der Anspruch auf Hartz IV geprüft werden", sagt der Zeitung zufolge die Professorin für Sozialrecht an der Hochschule Niederrhein, Dorothee Frings.
Die EU verlange in der Stellungnahme, jeden Fall einzeln zu beurteilen. Auch wenn es in dem Verfahren um eine Arbeitslose gehe, würde ein entsprechendes Urteil "auch für Arbeitssuchende den Zugang zu Sozialleistungen erleichtern", sagte Frings. Die deutsche Bundesregierung lehnt solche teuren Einzelfallprüfungen ab.
EU weist Bericht zurück
Die EU-Kommission hat dem Zeitungsbericht widersprochen. Eine Sprecherin von Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso sagte am Freitag in Brüssel, der Bericht, wonach die Kommission Deutschland dazu bewegen wolle, allen arbeitslosen EU-Bürgern Sozialhilfe zu gewähren, sei "komplett falsch".
Deutschland sei nach EU-Recht nicht dazu verpflichtet, wirtschaftlich inaktiven EU-Bürgern während der ersten drei Monate ihres Aufenthalts Sozialhilfe zu gewähren, sagte Kommissionssprecherin Pia Ahrenkilde. Das Recht auf Freizügigkeit sei zwar ein grundlegendes Prinzip der EU, doch gebe es strikte Schutzmaßnahmen, um "Sozialtourismus" zu verhindern. Um Sozialhilfe in einem anderen EU-Land zu beziehen müssten EU-Bürger entweder Arbeiter, ein direkter Familienangehöriger oder ständig in dem Land ansässig sein, sagte die Sprecherin.
>>> "Süddeutsche Zeitung"-Bericht
(Red.)