Vorschriften: Finanzaufsicht gibt dem Druck der Banken nach

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Die Banken erzielen einen Lobbying-Erfolg. Die Finanzaufseher in Europa rudern bei den neuen Eigenkapitalregeln für Finanzkonzerne zurück. Davon profitieren vor allem große Institute wie die Deutsche Bank.

Wien/Basel. Nach dem Ausbruch der Finanz- und Wirtschaftskrise im Herbst 2008 haben die Aufseher und Regierungen weltweit strengere Regeln für die Banken versprochen. Doch viele Bemühungen sind im Sand verlaufen.

Bei den Verhandlungen um strengere Vorschriften konnten sich nun die Banken durchsetzen. Die Aufseher ruderten bei der geplanten Verschuldungsquote, auch „Leverage Ratio“ genannt, zurück. So sollen Europas Banken bestimmte Wertpapiere wie Derivate mit deutlich weniger Eigenkapital absichern müssen als bisher geplant. Das teilte der in Basel angesiedelte Ausschuss für Bankenaufsicht in der Nacht auf Montag mit.

In Basel kommen die wichtigsten Notenbanken und Finanzaufseher zusammen, um gemeinsame Richtlinien zu beschließen. Von den neuen Vorgaben profitieren große Finanzkonzerne wie Barclays aus Großbritannien und die Deutsche Bank. Auf dem Aktienmarkt wurde die Entscheidung am Montag bejubelt. Die Deutsche Bank hält viele Derivate, bei ihr fällt der Unterschied zwischen den bisherigen Plänen und den neuen Vorgaben besonders groß aus.

Die Aktien der Deutschen Bank legten am Montag um vier Prozent zu und waren so teuer wie seit fast einem Jahr nicht mehr. In der Vergangenheit hatte das Management der Deutschen Bank die Verschuldungsquote kritisiert.
Mit der „Leverage Ratio“ wollten die Aufseher eigentlich verhindern, dass Banken überdurchschnittlich viele Wertpapiere halten und damit wegen ihrer Größe gefährlich für das Finanzsystem werden. Doch die Banken liefen gegen die geplanten Regeln Sturm. Sie hatten mir ihrem Lobbying Erfolg. Zunächst gaben die Aufseher in den USA nach. Dort dürfen die Banken Derivate anders bilanzieren und haben daher Vorteile gegenüber den europäischen Banken. Nach Protesten der Finanzkonzerne zogen auch die Aufsichtsbehörden in Europa nach und verabschiedeten jetzt lockere Regeln. Es ist nicht das erste Mal, dass sich die Finanzindustrie durchsetzt.

Auch EU-Kommission gibt nach

In der Vorwoche wurde bekannt, dass die EU-Kommission den riskanten Eigenhandel der Banken weniger stark beschneiden wird als angedroht. Zwar ist in dem Entwurf von EU-Binnenmarktkommissar Michel Barnier von einem Verbot des Zockens auf eigene Rechnung die Rede. Doch ist dessen Definition so eng gefasst, dass wohl nicht einmal die Deutsche Bank davon betroffen wäre. Im Eigenhandel haben viele Banken in der Finanzkrise Milliardenverluste geschrieben und sind damit an den Rand den Abgrunds geraten.

Die EU-Kommission bleibt damit hinter dem Vorschlag einer von Barnier eingesetzten Arbeitsgruppe unter Leitung des finnischen Notenbankers Erkki Liikanen zurück, der den gesamten Handel – einschließlich Marktpflege – von den Spareinlagen der Kunden abspalten wollte.

Auch das im Vorjahr von Deutschland verabschiedete Trennbankengesetz legt den Instituten stärkere Fesseln an. Demnach müssen der Handel auf eigene Rechnung, der Hochfrequenzhandel sowie die Kreditvergabe an Hedgefonds und Beteiligungsfirmen, die ihre Investments mit Schulden finanzieren, ausgegliedert werden.       (Reuters/APA/höll)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.01.2014)

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