Lenovos unheimliches Gespür für die Marktführerschaft

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Wie der chinesische Vorzeigekonzern die Amerikaner von IBM vorführte - und dabei zur größten Computerfirma der Welt wurde.

Peking. Kann ein Weltkonzern einer Bildungseinrichtung gehören? In China schon. Die Chinesische Akademie der Wissenschaften (CAS), eine der wichtigsten staatlichen Denkfabriken, hatte den Firmengründern einst beim Start geholfen und ist bis heute größter Aktionär von Lenovo, dem weltgrößten PC-Hersteller.

Der Expansionsdrang des chinesischen Unternehmens kommt nicht von ungefähr. 2005 übernahm Lenovo die PC-Sparte von IBM. Innerhalb von einem Jahr vervierfachte das Unternehmen seinen Umsatz. Der PC-Markt schrumpft aber. Daher will Lenovo weiter über sich selbst hinauswachsen. Bereits im Vorjahr hat Firmenchef Yang Yuanqing die Geschäftsstruktur neu aufgestellt und von zwei auf vier Sparten ausgeweitet. Neben der PC-Sparte und der Serversparte für Unternehmen will Lenovo auch im Mobilgeschäft und in der Cloud-Sparte zu den Weltmarktführern aufsteigen. In China verkauft Lenovo schon seit einiger Zeit erfolgreich Smartphones und Tablets. Und auch im Cloud-Sektor macht das chinesische Unternehmen seinen Konkurrenten immer mehr Marktanteile abspenstig. Der Cloud-Führer IBM erlitt im vergangenen Quartal in der Volksrepublik einen Umsatzeinbruch von 23Prozent.

Die Zahl ist deshalb bedeutend, weil sie sinnbildlich für die gescheiterte Strategie von IBM steht. Die Amerikaner hatten ihre PC-Sparte 2005 nur deshalb an Lenovo verkauft, um sich auf den erfolgversprechenden Server- und Dienstleistungssektor für Firmen konzentrieren zu können. Das misslang. Die IBM-Server-Sparte gehört nun mit dem Deal der vergangenen Woche ebenfalls zu Lenovo.

Lenovo verdoppelt Marktanteil

Lenovo gilt in China als Vorzeigeunternehmen. Junge chinesische Wissenschaftler hatten 1984 mit finanzieller Unterstützung der Chinesischen Akademie der Wissenschaften – also mithilfe des Staates – die Firma unter dem Namen Legend gegründet. Zunächst vertrieben sie lediglich Rechner und Drucker von IBM und Hewlett Packard in China. Eigene Geräte fertigten sie erst Ende der Achtzigerjahre.

Doch schon im Jahr 2004 war Lenovo in China Marktführer. Der Weltmarktanteil lag hingegen noch bei mageren 2,3Prozent. Das änderte sich schlagartig mit dem Kauf von IBMs PC-Sparte. Deren weltweiter Marktanteil lag bei rund sechs Prozent. Lenovo konnte den Wert bald verdoppeln.

Heute zählt Lenovo 27.000 Mitarbeiter und verkauft 17Prozent aller weltweit vertriebenen PCs. Der Umsatz lag im Geschäftsjahr 2012 bei fast 30 Milliarden Dollar. Lenovo ist seit 2011 Mehrheitseigner des Aldi-Lieferanten Medion und damit auch auf dem europäischen Markt stark vertreten.

Analysten gehen davon aus, dass Lenovo auch die nun übernommenen x86er-Server von IBM sehr viel besser verkaufen wird als die Amerikaner. Ein Grund könnte die Späh-Affäre der US-Geheimdienste sein.

Kein chinesischer Snowden

IBM gilt nun als vorbelastet. Zwar tauchen immer wieder Hinweise auf, dass auch chinesische Firmen und der chinesische Staat in großem Umfang weltweit fremde Firmenserver anzapfen. Eindeutig erwiesen ist das aber bislang nicht. China hatte bislang noch keinen Snowden. Und auch die Staatshilfe von damals hat sich ausgezahlt: Chinas Akademie der Wissenschaften wird immer vermögender.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 31.01.2014)

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