Bankenaufsicht: EZB will bei allen Instituten hineinregieren

EZB-Gebäude in Frankurt
EZB-Gebäude in Frankurt(c) imago stock&people (imago stock&people)
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Die Aufsichtsbehörde soll nicht nur über die wichtigsten, etwa 130 direkt beaufsichtigten Banken bestimmen, sondern auch kleinere Geldhäuser.

Die Europäische Zentralbank (EZB) hat bei der Aufsicht über die rund 6000 Banken in den 18 Euro-Ländern künftig praktisch immer das letzte Wort. Die Aufsichtsbehörde, die am 4. November ihre Arbeit aufnehmen soll, soll nach der am Freitag vorgelegten "Gebrauchsanweisung" über alle Bankfusionen und -übernahmen entscheiden können, und nicht nur bei den knapp 130 wichtigsten Banken, die sie direkt überwachen will. Die von der Französin Daniele Nouy geführte Aufsicht kann sogar über den Kopf der nationalen Aufseher hinweg höhere Eigenkapital-Puffer für Banken verfügen, wenn sie es für richtig hält.

Auch wenn eine Behörde auf nationaler Ebene ihre Arbeit bei einer Bank aus Frankfurter Sicht nicht gut genug macht, behält sich die EZB das Recht vor, das Ruder zu übernehmen.

Nationale Behörden arbeiten EZB zu

Die Entscheidung, welche Großbanken die EZB direkt an die Kandare nimmt, soll spätestens Anfang September fallen - also noch bevor die Ergebnisse des Stresstests vorliegen, in dem die Notenbank die Institute auf Herz und Nieren testen will. Basis dafür sind die Bilanzdaten von Ende des vergangenen Jahres. Wer dann auf eine Bilanzsumme von mindestens 30 Milliarden Euro kommt oder für die heimische Wirtschaft wichtig genug ist, wird von der EZB direkt überwacht. Die nationalen Behörden arbeiten ihr dann nur noch zu. "Es gibt keinen Zweifel darüber, wer die Entscheidungen trifft", sagte EZB-Abteilungsleiter Ignazio Angeloni. Die EZB unterzieht derzeit 128 Banken einer genauen Bilanzprüfung. Sie allein stehen für 85 Prozent der Bilanzsumme aller Institute in der Eurozone.

Kleinere Häuser zu überwachen, bleibt grundsätzlich Sache der nationalen Behörden. Die EZB behält sich aber vor, die Aufsicht auch über solche Geldhäuser an sich zu ziehen. Wird die Lage einer Bank brenzlig, müssen die nationalen Aufseher sogar die EZB alarmieren, wie aus dem am Freitag vorgestellten Entwurf für das Regelwerk hervorgeht. In der Praxis soll die Arbeit von gemeinsamen Teams geleistet werden. Finanzriesen wie die Deutsche Bank würden dann von 35 bis 50 Aufsehern betreut, kleinere von mindestens zehn, erklärte Angeloni. Zu Beginn dürften die EZB-Aufseher zahlenmäßig in der Minderheit sein - das Sagen hat aber stets ein EZB-Manager.

Überwachungskoloss

Hat ein Institut wichtige Töchter in anderen Euro-Ländern, sollen auch Aufseher von dort beigezogen werden. Damit dürften etwa bei UniCredit stets Beamte der Bundesbank oder der deutschen Finanzaufsicht BaFin mit am Tisch sitzen, die sich bisher um die zu UniCredit gehörende HypoVereinsbank gekümmert hatten.

Nationale Aufsichtsbehörden und Banklobbyisten haben nun bis zum 7. März Zeit, sich zu dem Regelungsentwurf zu äußern. Am 19. Februar stellt sich die neue Behörde einer öffentlichen Anhörung. Der für die deutschen Privatbanken verantwortliche Bankenverband äußerte sich wohlwollend: "In der Praxis wird es vor allem darauf ankommen, Doppelarbeiten zu vermeiden und klare Zuständigkeiten zu schaffen", sagte Hauptgeschäftsführer Michael Kemmer.

Aus der Aufsicht der EZB wieder entlassen zu werden, wird schwer. Zwar soll jedes Jahr - anhand von Kriterien wie der Bilanzsumme, der Bedeutung für die inländische Wirtschaft oder die ganze EU sowie der internationalen Vernetzung - neu geprüft werden, wer primär für ein Institut zuständig ist. Die EZB will die Verantwortung in der Regel allerdings erst dann abgeben, wenn die betreffende Bank drei Jahre lang keines der Kriterien mehr erfüllt.

(APA/Reuters)

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