François Hollande auf amerikanischer Pilgerfahrt

François Hollande, Barack Obama
François Hollande, Barack Obama(c) EPA (Kristoffer Tripplaar / POOL)
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Frankreichs Präsident wirbt bei seinem US-Besuch für seine Wirtschaftsreformen und seine neue sicherheitspolitische Schlüsselrolle.

Washington. Der französische Präsident war von dem jungen Erfinder, den er im kalifornischen Silicon Valley getroffen hatte, tief beeindruckt. Der junge Mann sei ein Genie, sagte er nach seiner Rückkehr nach Paris.

Das Jahr war 1983, der Präsident hieß François Mitterrand und der Erfinder Steve Jobs. Doch die Lage ähnelt jener, in die sich drei Jahrzehnte später der gegenwärtige sozialistische Präsident der französischen Republik befindet. François Hollande wird am Mittwoch, dem dritten Tag seines offiziellen Besuchs in den Vereinigten Staaten, in San Francisco den dort in der Hightech-Branche tätigen Franzosen zu versichern versuchen, dass er das Unternehmertum in Frankreich stärken und fördern wolle und kein „Kapitalistenfresser“ sei.

Mit diesem Image ringt Hollande seit seiner Wahl vor knapp zwei Jahren dank eigenen Ungeschicks und des populistischen Furors seines „Ministers für die produktive Belebung“, Arnaud Montebourg. Jener posierte bereits im Matrosenhemd, den echt französischen Standmixer im Arm, als stolzer Verteidiger gallischer Lohnfertigung auf den Titelblättern von Illustrierten und zerschoss mit seinem Veto eine 300 Millionen Euro schwere Investition des US-Internetkonzerns Yahoo in die französische Videoplattform DailyMotion, an der der Staatskonzern France Télécom beteiligt ist. Damit festigte der Sozialist Montebourg den unternehmerfeindlichen Ruf seiner Partei auf eine Weise, wie das Mitterrand nach seinem Wahlsieg 1981 getan hatte, als er Banken und Industriebetriebe zu verstaatlichen begann und die Steuern erhöhte.

Werbung für Kurswechsel

Den Franzosen tut diese marxistische Kur nicht wirklich gut; die Arbeitslosigkeit steigt und steigt, das Jahr 2013 sah einen Absturz der ausländischen Investitionen im Land um 77 Prozent, wozu die Bilder streikender Fabrikarbeiter, die Berge von Autoreifen anzünden und ihre Chefs als Geiseln festhalten, das Ihre tun.

Anfang des Jahres hat Hollande eingesehen, dass es so nicht weitergeht. Von seiner privaten Beziehungskiste überschattet kündigte er Mitte Jänner ein zumindest den Worten nach ehrgeiziges Reformprogramm an. Ob er es ähnlich rasch durchzieht wie die Trennung von seiner Lebensgefährtin Valérie Trierweiler, ist fraglich.

Hollande möchte, eine vielköpfige Wirtschaftsdelegation anführend, in Kalifornien an den französischen Unternehmergeist appellieren. Der ist enorm – entgegen den ebenso oft zu lesenden wie dummen Klischees in ausländischen Medien. Allein im Silicon Valley sind mehr als 10.000 Franzosen tätig. Ständig trifft man in den innovativen Metropolen an beiden US-Küsten innovative, risikofreudige Franzosen, die in verschiedensten Branchen – von Hightech bis Haute Cuisine – große Erfolge erzielen. Frankreich, so zeigt sich, hat Amerika nicht nur das Wort „Entrepreneur“ geschenkt, sondern auch viele Unternehmer.

Die möchte Hollande zurück nach Frankreich locken. Der Erfolg dieses präsidentiellen Begehrens ist allerdings weniger wahrscheinlich als der zweite Zweck seines Staatsbesuches. Am Dienstag wird Hollande in Washington bei einem Gespräch mit US-Präsident Barack Obama sowie im Rahmen eines Staatsdiners mit gut 300 Gästen die Rolle Frankreichs als wichtigster sicherheitspolitischer Partner Amerikas in Afrika und im Nahen Osten betonen.

Antiterrorpartner in Afrika

Ironischerweise wurde Hollande durch die Ereignisse in Afrika von seinem ursprünglichen Plan abgebracht, Frankreichs postkoloniale Verflechtung in die Staatsaffären in der Sahelzone und Zentralafrika zu lösen. „La Françafrique, c'est fini“, hatte Hollande im Oktober 2012 beim Gipfeltreffen der frankofonen Welt in Dakar erklärt. Als Slogan für das selbstsichere afrikanische Publikum klang das gut, doch sorgen heute französische Truppen in Mali und der Zentralafrikanischen Republik dafür, dass diese ausgehöhlten Staatsgebilde nicht vollends zu Nestern des globalen islamistischen Terrorismus verkommen. Dabei arbeiten Washington und Paris logistisch und diplomatisch eng zusammen – genauso wie in der Frage, wie der Bürgerkrieg in Syrien zu beenden ist und der Iran vom Bau einer Atombombe abgehalten werden kann.

AUF EINEN BLICK

Frankreichs Staatspräsident ist bis Mittwoch auf Staatsbesuch in den USA. Er trifft zunächst Präsident Barack Obama, um die Lage im Nahen Osten und die Verhandlungen über das transatlantische Handelsabkommen zu besprechen, und reist danach nach San Francisco, um für seine Reformen zu werben. Der Präsident wird nach der Trennung von seiner Lebensgefährtin Valérie Trierweiler am Dienstag allein an einem Staatsdiner im Weißen Haus teilnehmen: so, wie sein Vorgänger Nicolas Sarkozy vor sieben Jahren, nachdem er sich knapp zuvor von seiner Frau Cécilia hat scheiden lassen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.02.2014)

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