Zu Besuch beim „guten Nachbarn“

FINANZMINISTER SPINDELEGGER TRIFFT AMTSKOLLEGEN SCHAeUBLE IN BERLIN
FINANZMINISTER SPINDELEGGER TRIFFT AMTSKOLLEGEN SCHAeUBLE IN BERLIN(c) APA/PHOTONEWS.AT/GEORGES SCHNEID
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Finanzminister Michael Spindelegger und sein deutscher Amtskollege Wolfgang Schäuble drängen auf die baldige Einführung der EU-Finanztransaktionssteuer.

Berlin. „Tu felix Austria“, hatte Deutschlands Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) knapp nach der Regierungsbildung in Österreich seinem österreichischen Amtskollegen Michael Spindelegger (ÖVP) ironisch ausgerichtet, nachdem dieser dem EU-Ministerratstreffen mit Hinweis auf neuen Job, Kassasturz und Spar/Steuer-Paket ferngeblieben war. Du glückliches Österreich? Wenige Monate später ist Österreich dank Hypo-Alpe-Adria-Desaster nicht unbedingt glücklicher. Aber zumindest Michael Spindelegger ist froh, für einen Tag seinen deutschen Amtskollegen Schäuble zu besuchen und Wien und damit der innerparteilichen Stand-up-Comedy über das Thema Adoption für homosexuelle Eltern entkommen zu können.

Lob für Bewegung bei Bankgeheimnis

Spindelegger spricht lächelnd vom „Besuch beim guten Nachbarn“. Nur wenige Tage vor dem Treffen der EU-Finanzminister (Ecofin) am kommenden Dienstag lobt Schäuble vor Journalisten die Rolle Spindeleggers bei der Einführung einer Finanztransaktionssteuer. Gemeinsam drücken die beiden Länder bei den umstrittenen Plänen aufs Tempo. Noch vor der EU-Wahl solle sie symbolträchtig beschlossen werden, bekräftigt Spindelegger. Ein sehr knapper Zeitplan. Vor allem wenn man bedenkt, wie groß die Widerstände gegen die komplexe Steuer sind. Elf Länder haben sich zwar auf das prinzipielle Ziel geeinigt, auf die konkrete Umsetzung jedoch nicht. Im Gespräch ist ein Stufenplan, der schrittweise Aktien, Anleihen und Derivate umfassen könnte. Und: Diskutiert wird offenbar auch eine EU-weite Besteuerung von Banken, die mit Derivaten handeln, wie in Finanzkreisen zu hören ist.

Eine andere, innenpolitisch ebenfalls sensible Frage wurde zwar auch mit ostentativem Lob Schäubles für Spindelegger beantwortet, war in der Vergangenheit aber wiederholt Anlass für Turbulenzen zwischen Österreich und fast allen anderen EU-Ländern: das Bankgeheimnis beziehungsweise dessen Aufgabe. Ein Schritt vor, zwei zurück – so hatte die bisherige Taktik Österreichs gelautet, und deutsche Journalisten fragen offen, ob das Thema in Österreich weiter verzögert werde.

Konkret geht es um die EU-Zinsbesteuerungsrichtlinie und die damit verbundene automatische Übermittlung von Kapitalerträgen, die EU-Ausländer in Österreich lukrieren, an ihre Heimatländer. „Wir sind gesprächsbereit“, so Spindelegger. Er will aber abwarten, wie der Fortschrittsbericht der EU-Kommission über die Verhandlungen über ähnliche Regelungen mit der Schweiz und Liechtenstein ausfällt. Österreich und Luxemburg hatten zuletzt die Ausweitung der EU-Zinsbesteuerung auf Dividenden und Veräußerungsgewinne blockiert.

Österreich dürfte einlenken

Gibt es nun positive Signale aus Vaduz und Bern – und im Wiener Finanzressort glaubt man solche zu erkennen –, will Wien nun zügig umsetzen. „Es geht uns um das Commitment der Länder. Und es müssen auch Sanktionen festgelegt werden, was passiert, wenn die Schweiz abspringt“, erklärt Spindelegger. Soll heißen: Österreich übernimmt die EU-Praxis mit Finanzdaten auch ohne formellen Abschluss mit der Schweiz und Liechtenstein. Sollte auf OECD-Betreiben die fertige Amtshilfe-Richtlinie – eine zweite Regelung dieses automatischen Informationsaustausches von Steuerdaten – vorliegen, werde Österreich diese übernehmen und die dann dadurch wieder obsolete Zinsbesteuerungsrichtlinie außer Kraft setzen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.03.2014)

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