Die Börse als geopolitischer Spielball

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Die US-Behörden warnen Investoren vor Russland. Diese kaufen gerade zu.

Wien. Die Konfrontation zwischen dem Westen und Russland ruft nun auch auf dem Kapitalmarkt ungewöhnliche Aktionen hervor. So prüft die US-Börsenaufsicht SEC nun Fonds, die in Russland aktiv sind, ob sie das nötige Risikomanagement durchführen und wegen der Krim-Krise die Investoren über die Beteiligungen bzw. das Zusatzrisiko aufklären, berichtet Reuters.

Offenbar hat die gesteigerte Volatilität die SEC auf den Plan gerufen: Die russische Börse ist in den ersten beiden Märzwochen um 14 Prozent gefallen, ehe sie sich etwas erholte. Seit Jahresbeginn sackte sie um über zwölf Prozent ab.

Auffälliger als die SEC-Aktion ist, dass am Dienstag der Sprecher des Weißen Hauses, Jay Carney, US-Investoren von Russland abgeraten hat, weil die USA und die EU Sanktionen verhängt hätten und weitere folgen könnten.

Auf dem Markt ist man verblüfft. „Ich kann mich nicht erinnern, dass das Weiße Haus sich je gegenüber einer großen Volkswirtschaft so geäußert hat“, sagt Vjatscheslaw Smoljaninow, Chefanalyst der russischen Investmentbank Uralsib, zur „Presse“: „Aber es gab in den letzten 25 Jahren auch noch nie so eine Konfrontation.“

Verunsicherung als Waffe

Ein westlicher Vermögensverwalter in Russland, der anonym bleiben will, erklärt das US-Kalkül wie folgt: „Offensichtlich suchen nun auch die USA nach Möglichkeiten, dem Gegner wirtschaftlich zu schaden, wenn man schon militärisch nicht eingreifen kann und ernsthafte Wirtschaftssanktionen nicht durchsetzbar sind.“ Würden Investoren auf die Regierung hören, würde die russische Börse einbrechen. 70Prozent des Streubesitzes in Moskau werden von Ausländern gehalten, davon 40Prozent von US-Fonds. Die Gefahr der Aussage von Carney sei nicht, dass noch mehr verkaufen, sondern dass mittelfristig kein Geld zufließe, so die Zeitung „Wedomosti“.

Die Fonds selbst ticken ohnehin anders als das Weiße Haus. Wurden drei Monate lang vornehmlich Gelder abgezogen, so findet seit dem Börsenabsturz vom 3.März ein Zufluss statt. „Vielleicht ist der Markt nah am Ende des Ausverkaufs“, schreibt die Bank of America. (est)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.03.2014)

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