China erobert den Schweinefleisch-Weltmarkt

CHINA MEAT PORK
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Mit der Übernahme des US-Rivalen Smithfield ist der chinesische Fleischhersteller WH Group vor einem halben Jahr zum weltweiten Branchenprimus aufgestiegen. Nun plant der Konzern den Gang an die Börse.

Peking. Vor nicht allzu langer Zeit war Fleisch in China noch Mangelware. Bis Mitte der Achtzigerjahre erhielt jeder chinesische Stadtbewohner spezielle Lebensmittelmarken, die er beim Fleischkauf zusätzlich vorlegen musste. Jedem standen auf diese Weise nur wenige hundert Gramm im Monat zur Verfügung, den Menschen auf dem Land noch weniger. Das Schweinefleisch wurde daher meistens in kleine Streifen geschnitten, sparsam unter gedünstetes Kraut gemischt und dann mit sehr viel Reis aufgetischt.

Von dieser Mangelwirtschaft ist heute nichts mehr zu spüren. Vor allem Schweinefleisch ist von einer anständigen Mahlzeit nicht mehr wegzudenken. Ganze Gerichte werden ausschließlich mit Fleisch und diversen Innereien vom Schwein serviert. Das normalerweise bei chinesischen Gerichten übliche Gemüse als Beilage hingegen fällt inzwischen häufig weg. Der Reis ebenso.

China ist in den vergangenen Jahren aber nicht nur zum weltgrößten Fleischkonsumenten aufgestiegen, sondern auch zum Fleischproduzenten Nummer eins. Nun will der größte chinesische Fleischkonzern seine Expansion fortsetzen.

Börsengang bringt Milliarden

Der chinesische Fleischhersteller WH Group plant dazu den Gang an die Börse. Umgerechnet 5,3 Milliarden US-Dollar (3,8 Milliarden Euro) sollen allein mit der Erstemission erlöst werden, kündigte der Konzern WH Group in der Vorwoche in einer kurzen Mitteilung an.

Das Volumen könnte auf 6,11 Milliarden Dollar (4,39 Milliarden Euro) steigen, wenn die Investoren bei einer Mehrzuteilungsoption voll mitmachen. Die Notierung soll an der Hongkonger Börse stattfinden. Der Ausgabepreis soll am 22. April festgelegt werden.

Das Debüt an der Börse ist für den 30.April geplant. Es wird der zweitgrößte Börsengang in der Geschichte der Nahrungsmittelindustrie. Nur die Emission des US-Konzerns Kraft im Jahr 2001 war mit 8,7 Milliarden Dollar größer.

Bei der WH Group handelt es sich um Chinas größten Fleischproduzenten. Erst im Januar 2014 hat sich das Unternehmen umbenannt. Davor war es in der Volksrepublik unter dem Namen Shuanghui (Shineway) bekannt, ein ehemaliges Staatsunternehmen aus der innerchinesischen Provinz Henan, das aber bereits zu Beginn der Wirtschaftsreformen Mitte der Achtzigerjahre teilprivatisiert wurde und schnell zu einem profitträchtigen Unternehmen aufstieg.

Heute werden in den Fabrikhallen der WH Group mehr als 15 Millionen Schweine im Jahr geschlachtet und 2,7 Millionen Tonnen Fleisch produziert. Der Umsatz lag 2012 bei über sechs Milliarden Dollar. 60.000 Mitarbeiter zählt das Unternehmen in China, Firmenchef Wan Long ist im ganzen Land als „Chinas Schlächter Nummer eins“ bekannt.

Ein so rapider Aufstieg eines Fleischunternehmens ist in Europa kaum mehr vorstellbar. In den meisten europäischen Ländern stagniert der Fleischkonsum oder geht sogar zurück. Nicht aber in China. Mit dem zunehmenden Wohlstand steigt in der Volksrepublik auch die Nachfrage nach Fleisch. Allein 50 Prozent des weltweiten Wachstums gehen auf den wachsenden Fleischkonsum der Chinesen zurück. Dabei produziert China schon jetzt mehr als 53Millionen Tonnen Schweinefleisch – so viel wie niemand sonst auf der Welt.

China kauft Ackerland im Ausland

Trotzdem kann China die Nachfrage im eigenen Land nicht decken. Für europäische Länder war die Volksrepublik 2012 bereits der zweitwichtigste Absatzmarkt für Schweinefleisch, wie aus einer Untersuchung der EU-Kommission hervorgeht. Innerhalb von drei Jahren hätten sich Europas Exporte in das Reich der Mitte verdoppelt. Doch auch das wird nicht reichen. Erst im September vergangenen Jahres kaufte China der Ukraine daher mehr als 100.000Hektar Ackerland ab und will die Fläche auf mehrere Millionen Hektar ausweiten.

Krim-Krise kommt China ungelegen

Die derzeitige Krim-Krise kommt den Chinesen daher äußerst ungelegen. „Wir hoffen auf eine baldige Lösung des Konflikts“, hat der chinesische Außenamtssprecher, Hong Lei, wiederholt vorgetragen. Die chinesische Führung sorgt sich um ihre neu erworbenen Ländereien in der Ukraine.

Noch vor der Konzernumbenennung hatte die WH-Group vor einem halben Jahr den US-Konzern Smithfield für rund sieben Milliarden Dollar übernommen, den Erfinder der industriellen Fleischfertigung und den Marktführer in den USA. Smithfield bedient 25 Prozent des US-Schweinefleischmarktes und ist auch in Europa mit Marken wie Aoste oder Fiorucci vertreten. Die Buchstaben W und H im neuen Namen des chinesischen Konzerns stehen für Wanzhou Holding. Sie sollen die Internationalisierung unterstreichen. Wanzhou heißt übersetzt „lebenslang auf allen Kontinenten“.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.04.2014)

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