EU-Richtlinienpläne „ein Widerspruch in sich“

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Eine neue Geldwäscherichtlinie soll noch mehr Offenlegungspflichten für Unternehmen bringen, zugleich soll eine rein elektronische Gesellschaftsgründung möglich werden. Wie passt das zusammen?

Wien. Die EU möchte die Regeln gegen Geldwäsche weiter verschärfen. Eine vierte Geldwäscherichtlinie ist in Vorbereitung, vor rund einem Monat verabschiedete das EU-Parlament seinen Bericht dazu. Vorgesehen ist unter anderem, dass bei Gesellschaften auch die wirtschaftlich Berechtigten festgestellt werden müssen. Eigene Register sollen eingerichtet werden, in denen die wirtschaftlichen Eigentümer eingetragen werden.

Gleichzeitig gibt es auch gegenläufige Trends: Nach dem Willen der EU-Kommission soll es künftig eine Europäische Einpersonengesellschaft geben, die Societas Unius Personae (SUP). Sie soll – auch grenzüberschreitend – durch bloße Onlineregistrierung mittels Standardformular gegründet werden können. Vor allem für Start-ups und KMU soll das Aktivitäten in anderen EU-Ländern erleichtern. „In der Praxis heißt das aber, dass die Identität des Gründers nicht mehr persönlich nachgewiesen werden muss“, sagt der Wiener Notar Michael Umfahrer. Parallel zu einer verschärften Geldwäscherichtlinie ein Registrierungsverfahren ohne Identitätskontrolle einzuführen, sei ein Widerspruch in sich.

Ohne Ausweis geht gar nichts

Auch mit den geltenden Regeln wäre das schwer vereinbar: Ohne persönliche Identitätsfeststellung geht nämlich bislang gar nichts. In die Pflicht genommen werden hier auch die rechtsberatenden Berufe – zum Beispiel der Notar, wenn er in eine Firmengründung oder Transaktion involviert ist. Welche Prüfpflichten er hat, hängt laut Umfahrer von der „Risikogruppe“ ab, zu der die Vertragsparteien gehören. Je nach länder- oder branchenspezifischen Risken gibt es einen „grünen“, „gelben“ und „roten“ Bereich. Grün bedeutet, dass die Identitätsfeststellung reicht. Persönliche Anwesenheit ist dazu nötig, es muss ein Ausweis verlangt und eine Kopie aufbewahrt werden. In der zweiten Stufe müssen die Klienten zusätzlich den wirtschaftlichen Hintergrund des Geschäfts erklären, in der dritten, „roten“ Stufe auch durch Nachweise (etwa eine Steuererklärung) belegen. „Wenn man als Notar die nötigen Fragen nicht stellt, macht man sich gerichtlich strafbar“, sagt Umfahrer.

Welche Länder und Branchen in die einzelnen Risikokategorien fallen, wird jeweils von der Finanzmarktaufsicht per Verordnung festgelegt. Erhöhte Prüfpflichten gibt es laut Umfahrer etwa für China, Nordkorea, Russland oder Zypern und für Branchen wie Bau-, Baunebengewerbe oder Gastgewerbe, aber auch für politisch exponierte Personen, wie Regierungsmitglieder und deren Verwandte oder leitende Organe staatsnaher Betriebe.

Einer „generellen Herabsetzung der Sicherheitsstandards“ durch rein elektronische Gesellschaftsgründungen kann Umfahrer wenig abgewinnen. Er warnt aber auch vor einer überzogenen Verschärfung der Prüfpflichten und nennt ein Extrembeispiel: „Würde der Raster so eng gefasst, dass für jeden die höchste Risikostufe gilt, hätte niemand Verständnis dafür.“ (cka)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.04.2014)

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