Übernahmefieber im Pharmasektor

Bunte Tabletten und Medikamente
Bunte Tabletten und MedikamenteErwin Wodicka - BilderBox.com
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Novartis baut seinen Konzern um und trennt sich von Impfstoffen. Konkurrent Pfizer will um 100 Mrd. Dollar AstraZeneca übernehmen.

Zürich/Frankfurt. Der Schweizer Pharmakonzern Novartis baut sein Geschäft grundlegend um. Das Unternehmen veräußert die margenarmen Bereiche Impfstoffe, Tiergesundheit und rezeptfreie Medikamente. Im Gegenzug verstärkt Novartis mit einem Zukauf das lukrative Krebsgeschäft. Die Maßnahmen im Gesamtwert von 27 Mrd. Dollar drücken zwar den Umsatz um rund vier auf gut 53 Mrd. Dollar. Gleichzeitig steige aber der Gewinn, denn das Krebsgeschäft wirft deutlich mehr ab als die Bereiche, die Novartis losschlägt, hieß es.

Krebssparte wird ausgebaut

Mit dem Umbau drückt der neue Präsident Jörg Reinhardt Novartis seinen Stempel auf. Er rückt von der breiten Aufstellung seines Vorgängers Daniel Vasella ab. Im Krebsgeschäft ist Novartis nach Roche bereits heute weltweit die Nummer zwei. Nun übernimmt Novartis von der britischen GlaxoSmithKline für zunächst 14,5 Mrd. Dollar Krebsmedikamente.

Zudem wird mit Glaxo ein Gemeinschaftsunternehmen für nicht verschreibungspflichtige Medikamente gegründet. Im Gegenzug geht das Novartis-Impfstoffgeschäft für 7,1 Mrd. Dollar und Lizenzgebühren an Glaxo. Nicht Teil der Transaktion sind die Grippe-Impfstoffe, die Novartis zu einem späteren Zeitpunkt veräußern will. Zudem verkaufen die Baseler den Bereich Tiergesundheit für 5,4 Mrd. Dollar an den US-Wettbewerber Eli Lilly.
Glaxo stellte indes weitere Verkäufe in Aussicht: Dabei gehe es um bereits eingeführte Medikamente, sagte Glaxo-Chef Andrew Witty. Der Konzern will sich künftig auf Impfstoffe, Atemwegserkrankungen, Verbraucherprodukte und HIV-Medikamente konzentrieren. Diese Bereiche steuern 70 Prozent zum Umsatz bei.
An der Börse kamen die Pläne der Unternehmen an.

„Insgesamt hat Novartis sehr gute Preise ausgehandelt", erklärten die Analysten der Zürcher Kantonalbank. Auch die Aktie von Glaxo legte zu. Novartis will die Transaktion mit bestehenden flüssigen Mitteln, kurzfristigen Finanzierungsinstrumenten und bei Bedarf auch mit begrenzten Anleihenemissionen finanzieren. Die Verkauf an Eli Lilly soll bis Ende des ersten Quartals 2015 abgeschlossen werden, die Transaktion mit Glaxo in der ersten Hälfte des kommenden Jahres.

Novartis hatte im Vorjahr sein Geschäftsportfolio auf den Prüfstand gestellt. In einem ersten Schritt verkauften die Schweizer im November das Geschäft mit Bluttransfusions-Diagnostik an die spanische Grifols. Nicht hinterfragt wurden dabei die drei großen Bereiche Pharma, Generika und Augenheilkunde. In diesen Geschäften verfüge Novartis über die nötige Größe, um in der weltweiten Spitzengruppe mithalten zu können, hieß es. Die Augenheil-Sparte entstand aus der Übernahme der amerikanischen Alcon.

Pfizer will AstraZeneca

In der weltweiten Pharmabranche sind Übernahmen zur Zeit ein großes Thema. Pfizer sei mit einem Angebot von rund 100 Mrd. Dollar auf den britischen Rivalen AstraZeneca zugegangen, berichtete die „Sunday Times" unter Berufung auf Investmentbanker und Branchenkreise. Es habe auch bereits informelle Gespräche gegeben. AstraZeneca habe den Vorstoß aber abgelehnt, weshalb es derzeit keine Verhandlungen gebe. Analysten rechnen jedoch mit einem zweiten Vorstoß von Pfizer. Die Pfizer-Aktie legte leicht, das AstraZeneca-Papier stark zu.
Die Nachrichten über das Übernahmefieber beflügelten am Dienstag die Börsen, die Aktienkurse schossen hoch, angeführt von den Pharmapapieren. Unter den stärksten Gewinnern in Europa fanden sich Bayer, Merck und Sanofi. (Reuters/red.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.04.2014)

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