Pharma: Übernahmeschlacht mit Steuertricks

File photograph shows the logo of AstraZeneca on medication packages in a pharmacy in London
File photograph shows the logo of AstraZeneca on medication packages in a pharmacy in London(c) REUTERS
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Klappt der Kauf von Astra-Zeneca, will der US-Konzern Pfizer die Zentrale nach London verlegen. Das passiert nicht uneigennützig. Pfizer erspart sich dadurch eine Milliarde an Steuern.

London. Krebs ist eine der am meisten gefürchteten Krankheiten. Allein in Österreich werden jedes Jahr 37.000 Menschen mit der Diagnose Krebs konfrontiert. Die Sterberate ist hoch. Rund 20.000 Österreicher sterben jährlich an der Krankheit. Die Behandlung von Krebspatienten ist für die Pharmaindustrie ein Milliardengeschäft.

Der britische Konzern Astra-Zeneca hat eine neue, vielversprechende Substanz gegen Krebs entwickelt. Expertenschätzungen zufolge könnte der neue Ansatz bei rund der Hälfte der Krebspatienten Anwendung finden. Erste klinische Studien sind erfolgreich verlaufen. Daher gehört Astra-Zeneca zu den begehrten Übernahmekandidaten in der Pharmabranche.

Am Freitag hat der US-Rivale Pfizer, der unter anderem die Potenzpille Viagra herstellt, sein Angebot für Astra-Zeneca von 100 Milliarden US-Dollar auf 106 Milliarden US-Dollar (76,5 Milliarden Euro) aufgestockt. Klappt der Deal, wäre es die teuerste Transaktion in der Geschichte der Pharmabranche. Doch der britische Konzern will davon nichts wissen. Das neue Angebot entspreche noch immer nicht dem Firmenwert, teilte Astra-Zeneca am Freitag mit. Man sehe daher keinen Anlass, um mit Pfizer über eine freundliche Übernahme zu verhandeln.

Trotzdem gehen Analysten davon aus, dass der Deal zustande kommen wird. Vor einem Jahr notierte die Aktie von Astra-Zeneca bei 30 Pfund. Im Zuge der Übernahmeschlacht stieg der Kurs bis Freitag auf 48 Pfund. Pfizer bietet nun 50 Pfund pro Aktie. Mark Clark, Analyst der Deutschen Bank, sagte am Freitag der Nachrichtenagentur Reuters, dass viele Investoren 52 bis 55 Pfund haben wollen, manche sogar noch mehr.

Interessant ist auch das Verhalten der Londoner Regierung. Denn Astra-Zeneca wäre die größte Übernahme eines britischen Konzerns durch einen ausländischen Konkurrenten. In britischen Zeitungen wurden bereits Befürchtungen laut, Pfizer könnte bei Astra-Zeneca tausende Jobs abbauen. Am Freitag erklärte ein Sprecher der Londoner Regierung, die mögliche Übernahme von Astra-Zeneca sei eine Sache der Aktionäre und der zuständigen Gremien.

Briten anders als Franzosen

Die Briten sind hier anders als die Franzosen. Die sozialistische Regierung in Paris legt sich gerade gegen die Übernahme von Alstom durch den US-Riesen General Electric (GE) quer. Sie fordert, dass sich Alstom mit dem deutschen Siemens-Konzern verbündet. Trotzdem erklärte der Verwaltungsrat von Alstom diese Woche, dass er lieber das Angebot aus den USA prüfen werde, denn General Electric würde besser zu Alstom passen. Doch der französische Wirtschaftsminister Arnaud Montebourg gibt den Widerstand gegen die Amerikaner nicht auf: „Wir werden unsere Interessen verteidigen“, erklärte er im Parlament.

Pfizer tut in der Übernahmeschlacht um Astra-Zeneca alles, um sich das Wohlwollen der britischen Regierung zu sichern. Pfizer-Chef Ian Read flog jüngst nach London, um sich mit dem britischen Finanzminister George Osborne zu treffen.

Falls die Übernahme glückt, wollen die Amerikaner die Konzernzentrale nach Großbritannien verlegen. Auch soll das von Astra-Zeneca geplante Forschungszentrum in Cambridge fertiggestellt werden. Zudem sollen nach einer Fusion 20 Prozent der Mitarbeiter in Großbritannien beschäftigt bleiben. Die Verlegung der Konzernzentrale nach Großbritannien wäre freilich nicht uneigennützig. Damit könnte sich Pfizer Medienberichten zufolge pro Jahr eine Milliarde Dollar an Steuern ersparen.

Denn Großbritannien hat im Zuge der Finanz- und Wirtschaftskrise die Körperschaftssteuer gesenkt. Zudem muss man für Patente, die im Inland entwickelt werden, keine Abgaben zahlen.

In den vergangenen Jahren siedelten sich bereits US-Konzerne wegen Steuervorteilen in Europa (vor allem in den Niederlanden und in Irland) an. Dagegen protestierten in den USA republikanische und demokratische Abgeordnete.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.05.2014)

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