Portugal verlässt den Rettungsschirm

PORTUGAL
PORTUGAL(c) APA/EPA/MARIO CRUZ (MARIO CRUZ)
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Nach Irland und Spanien kann sich nun auch das Krisenland Portugal wieder ganz normal auf den Kapitalmärkten finanzieren. Die Eurokrise ist damit aber noch nicht vorbei.

In letzter Zeit häufen sich die guten Nachrichten aus der Eurozone: Nach Irland und Spanien hat nun auch Portugal angekündigt, den Euro-Rettungsschirm, unter den das damals pleitegefährdete Land 2011 geschlüpft ist, wieder zu verlassen. Soll heißen: Das Land macht wieder einen so stabilen Eindruck, dass es sich ganz normal über den Kapitalmarkt finanzieren kann. Und zwar ohne Wenn und Aber, denn der ursprüngliche Plan, sich für den Fall der Fälle eine Notkreditlinie einräumen zu lassen, wurde unterdessen fallen gelassen. Man habe jetzt genug Reserven, um finanzielle Turbulenzen ein Jahr lang durchzustehen, meinte der portugiesische Finanzminister.
Kein Wunder, dass der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble auf diese Nachricht relativ euphorisch reagierte: Wäre sein Land doch der Hauptzahler, wenn es schiefgegangen wäre.

Tatsächlich scheint sich die Eurokrise deutlich zu entspannen. Heuer kehren ja, so die jüngste EU-Prognose, auch alle Eurostaaten bis auf Zypern in die Wachstumszone zurück. Sogar Griechenland dürfte ein kleines BIP-Wachstum aufweisen.

Ist die Krise damit vorbei? Nun, sie hat sich zweifelsfrei entspannt, aber über den Berg ist die Eurozone noch lange nicht. Vor allem Irland, aber auch Portugal haben zwar schöne Strukturreformen auf die Reihe gebracht, weshalb sie auch wieder kreditwürdig geworden sind. Aber insgesamt täuschen die kommunizierten Werte ein bisschen über den wahren Zustand der Euro-Volkswirtschaften hinweg.

So ist etwa das jetzt so häufig positiv erwähnte Faktum, dass die enormen Leistungsbilanzdefizite einiger Eurokrisenländer zum Verschwinden gebracht wurden, eher ein Krisensymptom als ein gutes Zeichen. Die Leistungsbilanzen wurden nämlich nicht durch neuerdings brummende Exporte, sondern durch krisenbedingt stark eingebrochene Importe ins Lot gebracht. Sobald es einen kleinen Aufschwung gibt und die Importe wieder anspringen, sind diese Ungleichgewichte wieder da. Denn die Industrieproduktion ist in den meisten Krisenländern (positiv sticht hier nur Irland hervor) noch weit vom Vorkrisennivaeu entfernt.

Auch das Schuldenproblem haben viele Eurostaaten noch keineswegs im Griff. Der Schuldenberg Spaniens etwa wird laut EU-Prognose im kommenden Jahr auf 104 Prozent des BIPs wachsen, auch jener von Frankreich wird im kommenden Jahr mit 96,6 Prozent der Wirtschaftsleistung höher liegen als heuer. Italien kommt von seinem mit 133,9 Prozent sehr hohen Schuldenberg ebenfalls nicht herunter und für Griechenland prophezeit die EU für das kommende Jahr trotz unzweifelhafter Sanierungsfortschritte eine Schuldenquote von de facto unbedienbaren 172,4 Prozent.

Auf dem richtigen Weg ist hier das eben unter dem Euro-Schutzschirm hervortretende Portugal, aber ein Absenken auf 124,8 Prozent im kommenden Jahr ist eben noch kein Verlassen der Gefahrenzone. Alle diese Länder werden bis 2016 wohl kaum, wie das der Fiskalpakt vorschreibt, in die Nähe der Maastricht-Schuldengrenze von 60 Prozent des BIPs kommen.

Spätestens dann ist aber das nächste Problem auf dem Tisch: Entweder die Eurozone weicht, was wahrscheinlich ist, ihren eigenen Fiskalpakt wieder auf und macht sich damit auf den Kapitalmärkten erneut unglaubwürdig. Oder sie hält ihre Regeln ein – und zwingt die Krisenländer erneut in eine drastische Abwärtsspirale. Denn nach den Regeln des Pakts ist ab 2016 für alle Länder, die das Maastricht-Ziel verfehlen (das wird, nebenbei, auch Österreich sein, wenn auch nicht in diesem Ausmaß), eisernes Zwangssparen angesagt. So toll sind die Wachstumserwartungen bis dahin nicht, dass das keine Spuren im Wachstumspfad hinterlassen würde.

Dass mit Portugal nun bereits das dritte Land den Rettungsschirm verlässt, ist natürlich trotzdem ein gutes Zeichen. Ein „richtig guter Tag“, wie der deutsche Finanzminister Schäuble bemerkte. Die Methode, Länder vor dem Staatsbankrott zu retten, im Gegenzug aber umfassende Reformen durchzusetzen, funktioniert also. Zumindest bisher.

Für Entwarnung ist es aber noch zu früh: Die ersten Sanierungserfolge sind noch sehr vage. Und externe Einflüsse können das sehr schnell wieder kippen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.05.2014)

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