Androsch: "Österreich ist dramatisch überbürokratisiert"

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Hannes Androsch plädiert für einen Reformschulterschluss von Ländern, Bund und Sozialpartnern und kritisiert, dass die Insolvenzvariante bei der Hypo Alpe Adria nicht ernsthaft in Erwägung gezogen wurde.

Wien. Durch eine ordentliche Reform seien in Österreich Einsparungen von bis zu fünf Prozent des Bruttoinlandsprodukts (das wären rund 15 Mrd. Euro) möglich. Zu diesem Schluss kommt der Industrielle und Ex-Finanzminister Hannes Androsch. Österreich sei „zweieinhalbmal so stark verbürokratisiert wie Baden-Württemberg, von der Schweiz rede ich gar nicht“, sagte Androsch am Mittwoch im Wiener Klub der Wirtschaftspublizisten.

Mit den üblichen Trippelschrittreformen sei das allerdings nicht erreichbar, meinte Androsch. Er empfehle deshalb einen Schulterschluss der Regierungsspitze mit den Landeshauptleuten und den Sozialpartnerspitzen für einen Großumbau der öffentlichen Haushalte. Dies müsse die Bereiche Steuern, Pensionen, Gesundheit, Staatsverwaltung und Föderalismus umfassen, so Androsch. Einzelmaßnahmen seien schon deshalb sinnlos, da diese in der Regel „wie Tontauben abgeschossen“ würden.

Grundsätzlich hätten Bund, Länder und Gemeinden nicht zu wenig Geld, sie würden dieses aber falsch verwenden. Wie so eine Gesamtreform auszusehen habe, hätten Rechnungshof, Wifo und IHS ausreichend dargelegt, meinte der Expolitiker. Auf mehrere Jahre verteilt sei so eine große Reform durchaus machbar.

Bundesländer „überdotiert“

Ein Budgetproblem sieht Androsch in der „Überdotierung“ der Bundesländer im Finanzausgleich. Er selbst ärgere sich maßlos darüber, dass die Länder (einschließlich Gemeinden) über den Finanzausgleich ein Drittel der Bankenabgabe bekämen, obwohl sie zur Bewältigung der Bankenkrise nicht nur nichts beigetragen, sondern teilweise – etwa im Fall der Hypo Alpe Adria – sogar wesentliche Verursacher gewesen seien.

Mit der Lösung für die Abwicklung der Kärntner Hypo ist Androsch, der Aufsichtsratschef der „Banken-ÖIAG“ Fimbag ist, nicht einverstanden. Eine Bad Bank zur Abwicklung der Bank hätte in der Anfangsphase der Krise Sinn ergeben (wie dies etwa Deutschland mit seinen Problembanken gemacht habe). Zum jetzigen Zeitpunkt wäre eine Insolvenzlösung aber möglicherweise besser und billiger gewesen.

Androsch kritisiert, dass eine solche Insolvenzlösung nicht ernsthaft durchgerechnet wurde. Zwar wäre eine Hypo-Pleite wegen der Involvierung des Bundeslandes Kärnten ein „komplizierter Fall“ gewesen und möglicherweise wäre auch herausgekommen, dass die jetzige Bad-Bank-Lösung die bessere Variante sei – aber durchgerechnet hätte die Variante werden müssen, meinte Androsch. Und zwar von internationalen Experten. Das sogenannte Wyman-Gutachten, das eine Insolvenz empfohlen hat, sei jedenfalls kein derartiges Gesamtgutachten gewesen, sondern nur ein „Schnellschuss“.

„ÖIAG in Würde stilllegen“

Dass die Hypo-Abwicklung im Rahmen der Staatsholding ÖIAG geschehen wird, scheint festzustehen. Ob die ÖIAG dafür geeignet sei, sei aber nicht klar. Ein großer Freund der Staatsholding ist Androsch jedenfalls nicht: Er halte es wie Notenbankpräsident Claus Raidl, der gemeint hat, die ÖIAG gehöre „in Würde stillgelegt“.

Keinesfalls will Androsch die Hypo jedenfalls in der ebenfalls unter dem Dach der ÖIAG operierenden Fimbag haben: Wäre die Abbaugesellschaft, wie ursprünglich angedacht, direkt in die Fimbag (die Beteiligungen an den Problembanken Övag und Kommunalkredit hält) gegangen, hätte er den Aufsichtsratsvorsitz zurückgelegt, so Androsch. (ju)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.05.2014)

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