Europas Unternehmen verlieren an Boden

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Analyse. Unter den hundert „besten" Börse-Unternehmen der Welt finden sich nur zehn aus Europa, so das Ergebnis einer Studie. Gerade in der Internetbranche sei es „schmalbrüstig unterwegs". Die Schwellenländer dominieren.

Wien. Das beste Unternehmen der Welt heißt Lululemon Athletica. Zu diesem Schluss kommen zumindest die Experten der Schweizer Vermögens- und Anlageberatung CEAMS, die weltweit die 2480 größten Börsefirmen unter die Lupe genommen haben. Das Resultat, der Excellence Award, liegt der „Presse" exklusiv vor.

Niederlage für Europa

Entscheidend für Lululemons Platz an der Sonne sind nicht Kennzahlen wie Umsatz, Gewinn oder Dividende. Die Schweizer hievten den erst neun Jahre jungen Sportartikelhändler, der bisher wohl nur Yogafans ein Begriff war, aus ganz anderen Gründen auf das Podium: Kein anderes untersuchtes Unternehmen hat es geschafft, einen größeren Profit aus dem eingesetzten Kapital zu schlagen - und dabei hundert Prozent schuldenfrei zu bleiben.

Erstmals haben CEAMS-Experten für ihren Vergleich nicht nur europäische Unternehmen auf Herz und Nieren geprüft, sondern haben sich an den Börsen weltweit umgesehen. Das Ergebnis ist - für Europa - niederschmetternd.

Unter den hundert qualitativ „besten" Börse-Unternehmen der Welt finden sich gerade einmal zehn Unternehmen mit Sitz in Europa. Drei Mal so viele kommen aus den Vereinigten Staaten von Amerika und beinahe jedes zweite Unternehmen (48) stammt aus aufstrebenden Schwellenländern wie Indonesien, China, Taiwan oder Südkorea.

Banken als große Verlierer

Ein Grund dafür könnte der Vorteil mancher Branchen in dieser Betrachtung sein. So finden sich überdurchschnittlich viele Einzelhändler und Technologie-Unternehmen unter den besten hundert, da sie mit relativ geringem Kapitaleinsatz hohe Margen abwerfen können. Auf der Verliererseite stehen indessen Unternehmen aus kapitalintensiven und stark regulierten Branchen wie dem Bankwesen oder der Energiewirtschaft.
Auch Europa hat große und erfolgreiche Einzelhändler wie Ikea, Lidl oder Aldi, sie sind aber nicht an der Börse notiert und fallen aus der Betrachtung hinaus. Ein wirkliches Problem ist das aber nicht.

Internet: „Komplette Flaute"

Ganz anders sieht es im Bereich der digitalen Technologie aus. Während die USA und Asien mit Schwergewichten wie Google, Apple, Oracle, Microsoft, China Mobile oder Infosys den Ton angeben, herrscht in Europa beim Thema Internet „komplette Flaute", sagt CEAMS-Mitgründer Philipp Weckherlin: „Hier sind wir Europäer schmalbrüstig unterwegs."

In der reinen Europa-Wertung schafft es zum wiederholten Mal die schwedische Bekleidungskette Hennes & Mauritz (H & M) an die Spitze. Auch in Österreich gibt es im Vergleich zum Vorjahr keine Überraschung: Kartonhersteller Mayr-Melnhof überzeugte die Jury bereits zum dritten Mal in Serie. Für Weckherlin ist es nicht verwunderlich, dass es hier nur wenig Bewegung gibt. Wenn Unternehmen einmal den richtigen Weg eingeschlagen haben, bräuchten sie lange, um ihre Position wieder zu verlieren. Ebenso konstant sind auch die Mitglieder der „schlechtesten" hundert.

Eine Besonderheit zieht sich, über alle Ländergrenzen hinweg, durch die Wertung. Die meisten der qualitativ hochwertigen Börse-Unternehmen sind in Familienhand. Betriebe unter Staatseinfluss schaffen es hingegen kaum unter die Besten. An den Börsen schnitten Europas „Qualitätssieger" im Vorjahr übrigens schlecht ab. Dort räumten die „Verlierer" aus der Finanzwirtschaft ab.

("Die Presse", Printausgabe vom 22.5.2014)

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