Warum das österreichische Gold in London ist

FILES BRITAIN BANK OF ENGLAND
FILES BRITAIN BANK OF ENGLAND (c) EPA
  • Drucken

Nationalbank und Rechnungshof haben das heimische Gold in den Tresoren der Bank of England überprüft: Es ist noch da. Anders als Deutschland wird Österreich auch kein Gold zurück ins Land holen.

Wien. In Österreich ist eine Debatte über den Verbleib der Goldreserven der Nationalbank (OeNB) entbrannt. Der FPÖ-Abgeordnete Gerhard Deimek und andere Oppositionspolitiker fordern schon seit Langem die Heimholung der Goldreserven, die zu einem großen Teil im Ausland lagern. Jetzt hat sich sogar der Rechnungshof eingeschaltet. Aber dass das österreichische Gold nicht vollständig in Wien gelagert wird, hat seine Gründe – und die sind profaner, als mancher Mythos rund ums Gold glauben macht. „Die Presse“ beantwortet die wichtigsten Fragen.

1 Wie viel Gold hat Österreich – und wo wird es gelagert?

Österreich verfügt über 280 Tonnen Gold. Das entspricht etwas mehr als einem Zehntel der jährlichen Goldproduktion von rund 2500 Tonnen. Die Eurozone hat gemeinsam rund 10.000 Tonnen – und damit die größten Goldreserven. Die USA haben rund 8000 Tonnen. Nur ein kleiner Teil des österreichischen Goldes befindet sich in Wien – rund 50 Tonnen. Knapp sieben Tonnen sind in der Schweiz gebunkert, der Großteil des Goldes liegt aber bei der Bank of England in London. Dieses Gold ist auch Gegenstand der laufenden Prüfung des Rechnungshofes (RH).

2 Wann überprüft der RH das Gold in London – und warum?

Entgegen anderslautenden Meldungen hat die Prüfung der Goldreserven bereits stattgefunden – und zwar am Donnerstag und Freitag vergangener Woche. Es ist technisch auch nicht korrekt, dass der Rechnungshof ein Audit der Goldreserven vorgenommen hätte. Als Aufsichtsbehörde der Nationalbank überprüft der RH sozusagen die Prüfer, die die Nationalbank nach London schickt. So auch vergangene Woche. „Wir haben den Goldbestand, die Seriennummern der Barren und die Qualität überprüft. Und wie in den letzten Jahren festgestellt, dass alles in Ordnung ist“, so ein Sprecher der OeNB gegenüber der „Presse“. Laut Nationalbank ist davon auszugehen, dass der RH bei seinem Endbericht keine Beschwerden haben wird. Vom RH selbst gibt es zum laufenden Prüfungsverfahren aber keine Infos.

3 Warum lagert das österreichische Gold überhaupt in London?

Ähnlich wie viele Sparer halten Zentralbanken das Metall als „eiserne Reserve“, weil es im Gegensatz zu den übrigen Währungsreserven nicht von anderen Zentralbanken beliebig vermehrbar ist. Dass die westlichen Staaten so viel Gold haben, hat historisch mit dem Goldstandard zu tun. Seit 1971 besteht zwar keine direkte Verbindung mehr zwischen Gold und Geld. Im Extremfall, wie während der Krise 2008, kann Gold aber der „Last Man Standing“ sein – der einzige liquide Markt im Auge des Sturms. Deswegen lagert das Gold in London: weil die englische Hauptstadt der wichtigste Markt für den physischen Goldhandel ist. Es ist unwahrscheinlich, dass die OeNB das Gold bald wieder nach Österreich holt.

4 Weshalb hat Österreich seine

Goldbestände stark reduziert?

Tatsächlich verfügte die Republik 1992 noch über 600 Tonnen Gold – unter den Finanzministern Edlinger (SPÖ) und Grasser (FPÖ) wurden aber bedeutende Mengen verkauft, um die Budgets aufzubessern. Diese Praxis ist inzwischen nicht mehr üblich. Die Euro-Zentralbanken haben ihre Goldverkäufe fast gänzlich eingestellt. Weltweit kaufen die Zentralbanken netto zu – vor allem Russland, China und Indien.

5 Ist nicht sehr viel Gold einfach verliehen worden?

Die Goldleihgeschäfte der Notenbanken sind ein besonders fruchtbarer Boden für Mythen, da sie in ihren Bilanzen von „Gold und Goldforderungen“ sprechen und die Befürchtung besteht, das physische Gold sei unwiederbringlich auf den Markt „verliehen“ worden. Dieser Eindruck ist aber falsch. Denn erstens hat bei den Leihgeschäften wohl nie ein Barren die Tresore der Zentralbanken verlassen – sie haben den Markt durch ihre Garantien lediglich stabilisiert. Und zweitens sind die Leihgeschäfte inzwischen so wie die Verkäufe fast gänzlich eingestellt. Derzeit sind nur noch rund neun Prozent des heimischen Goldes verliehen. Bis Ende 2014 werden es null Prozent sein.

6 Warum holt Deutschland sein Gold heim und Österreich nicht?

Die Deutsche Bundesbank hat tatsächlich die Rückholung hunderter Tonnen aus Paris und New York eingeleitet. In ein paar Jahren soll die Hälfte der rund 3400 Tonnen Gold in deutschem Besitz auch in Deutschland lagern. Die Situation ist aber anders als in Österreich: Eine Lagerung in Paris ist innerhalb des Eurosystems einfach nicht mehr sinnvoll. Dass die Bundesbank der Federal Reserve in New York offenbar nicht mehr vertraut, ist zwar tatsächlich bemerkenswert, muss die Österreicher aber nicht nervös machen: Die OeNB hat nie auch nur einen Barren über den Atlantik geschickt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.05.2014)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

International

Goldinitiative: Der Tanz der Schweizer um die goldenen Reserven

Die Initiative „Rettet unser Schweizer Gold“ kann auf einen Sieg hoffen. Sie will Reserven heimholen und die Notenbank zum Halten von Gold zwingen. Geldpolitiker und Wirtschaft zittern, Spekulanten reiben sich die Hände.
File of 24 karat gold bars are seen at the United States West Point Mint facility in West Point, New York
International

Bundesbank liegt bei Goldrückholung „voll im Plan“

Entgegen anders lautenden Meldungen hält die Deutsche Bundesbank an der Rückholung von insgesamt 674 Tonnen Gold aus New York und Paris fest. Bis 2020 soll die Hälfte des deutschen Goldes in Frankfurt sein.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.