Ist Fairtrade gar nicht so fair?

Fairtrade
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Fairtrade-Organisationen zahlen ihren Arbeitern niedrigere Löhne als konventionelle Betriebe in den gleichen Lieferregionen. Das zeigt eine Studie auf.

"Fairtrade ist kein Almosenkonzept". Diese Aussage stammt von Fairtrade-Österreich-Chef Hartwig Kirner. Es sei ein handelsbasiertes Konzept. Bei Fairtrade gehe es um Handel, um gerechtere Handelsstrukturen und nicht um Spenden, jedoch mit gravierenden Einschränkungen. Eine Studie der University of London über das Fairtrade-System zeigt nämlich auf, dass Kaffee, Tee und Blumen, die das Siegel tragen, das Leben der ärmsten Landarbeiter in Äthiopien und Uganda nicht verbessern.

Vier Jahre dauernde Untersuchungen von Arbeitsbedingungen in Anbauregionen ergaben, dass in "vergleichbaren Gebieten bei vergleichbaren Arbeitgebern, die die gleichen Produkte herstellen", die Löhne bei konventionellen Herstellern im Schnitt höher waren, zitiert „Spiegel-Online" die Autoren.

Arbeiter in Kleinbetrieben benachteiligt

Für Arbeiter, die bei Fairtrade-Firmen beschäftigt waren, war der Studie zufolge außerdem häufig der Zugang zu vorhandenen Schulen, Kliniken oder Sanitäranlagen beschränkt. Diese Einrichtungen werden ausgerechnet aus dem Fairtrade-System finanziert, das entsprechend zertifizierte Produkte verteuert. Die Wissenschaftler werteten für ihre Studie unter anderem Daten von 1700 Personen und mehr als 100 Interviews mit Betroffenen aus.

Untersucht wurden von den Wissenschaftlern ausschließlich die Hilfsarbeiter im System, nicht die weltweit schätzungsweise 1,2 Millionen Fairtrade-Bauern. Die Landarbeiter werden für die Ernte oder Hilfsarbeiten bezahlt - und rutschen offenbar durch das System, das eigentlich gut funktionieren sollte: Das Fairtrade-Siegel bekommen nur Produkte, deren Hersteller bessere Bedingungen für Bauern und Arbeiter sicherstellen.

Fairtrade wehrt sich

Die Produzenten in den Ländern schließen sich in Organisationen zusammen, die gemeinsam investieren. Die Fairtrade-Organisationen versprechen, dass die gezahlten Löhne mindestens so hoch sind wie die regionalen Durchschnitts- oder die gesetzlichen Mindestlöhne in dem Land. Allerdings mit einem kleinen Haken: Das Versprechen gilt nur für Betriebe mit mehr als 20 Arbeitern - kleinere werden der Studie zufolge kaum beachtet. Und welcher Konsument hierzulande kann eine Zuordnung zu groß oder klein vornehmen?

Die Studien-Autoren fordern die Fairtrade-Organisationen auf, ihr Versprechen auf alle beteiligten Arbeiter umzusetzen und zu kontrollieren, da sonst deren Anspruch des "ethischen Handels" nur leere Versprechungenn seien. Fairtrade-Großbritannien allerdings wehrt sich mit dem Argument, dass kleine Fairtrade-Plantagen nicht mit konventionellen Großbetrieben zu vergleichen seien.

>> Artikel auf "Spiegel-Online"

(red.)

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