Korruptionsaffäre erschüttert Berliner Flughafen

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Der Technikchef des neuen Hauptstadtflughafens BER wurde von Geschäftsführer Mehdorn beurlaubt.

Eine Korruptionsaffäre droht den Zeitplan für den Bau des neuen Hauptstadtflughafens BER weiter zurückzuwerfen. Flughafen-Geschäftsführer Hartmut Mehdorn hat seinen Technikchef wegen des Vorwurfs der Bestechlichkeit beurlaubt und kämpft nun gegen weitere Verzögerungen. Die Auswirkungen auf das Projekt sollten so gering wie möglich gehalten werden, kündigte Mehdorn am Mittwoch an.

"Es steht und fällt nicht mit einem einzelnen Mitarbeiter." Der Bund und Berlin als Miteigentümer forderten von Mehdorn, alles dafür zu tun, dass keine wesentlichen Verzögerungen entstehen.

Nach dpa-Informationen ermittelt die Staatsanwaltschaft Neuruppin gegen Mehdorns Technikchef Jochen Großmann wegen des Verdachts der Bestechlichkeit bei der Vergabe von Planungsaufträgen. Er sollte die Brandschutzanlage im neuen Terminal in Gang bringen und damit das Haupthindernis für die Inbetriebnahme des Flughafens überwinden. Der Ingenieur muss mit der fristlosen Kündigung rechnen. Alle Auftragsvergaben, die mit dem Fall in Verbindung stehen, kommen auf den Prüfstand. "Am Feiertag ist aber mit keinen neuen Entwicklungen zu rechnen", sagte Flughafensprecher Ralf Kunkel.

Zusätzlicher Druck

Großmanns Firma setzt auf eine Entlastung ihres Inhabers. "Der Öffentlichkeit versichern wir, dass die GICON vollumfänglich mit der Staatsanwaltschaft zusammenarbeiten wird, um die Vorwürfe schnellstmöglich zu entkräften", teilte ein Sprecher des Unternehmens in Dresden mit. Zu dem laufenden Verfahren wollte er sich aber nicht weiter äußern.

Die Affäre bringt Mehdorn zusätzlich unter Druck. Die Grünen forderten die Ablösung des 71-Jährigen. "Wowereits Krisenmanager Hartmut Mehdorn ist gescheitert, den Saustall BER auszumisten", kritisierte Bundestagsfraktions-Chef Anton Hofreiter. Herbert Behrens von der Linksfraktion im Bundestag sprach von "desaströser Personalpolitik".

Der Berliner Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) als Vorsitzende des Flughafen-Aufsichtsrats stützte Mehdorn dagegen. Niemand sei gefeit vor kriminellen Handlungen, sagte der Berliner Regierende Bürgermeister auf einer China-Reise in Peking. Mehdorn habe korrekt und unverzüglich gehandelt. Ähnlich äußerte sich ein Sprecher des deutschen Verkehrsministeriums. Auch Flughafenkoordinator Rainer Bretschneider (SPD) hielt Mehdorn zu Gute, dass er den Fall aufgedeckt habe. "Wir stehen zu Herrn Mehdorn und wollen gemeinsam mit ihm das Projekt zu Ende bringen", sagte er im rbb-Inforadio.

Ermittler hatten am Dienstag die Wohnung und Büros Großmanns in Dresden und Berlin durchsucht und fünf bis sechs Umzugskartons voller Unterlagen sowie Datenträger beschlagnahmt. Sie suchen Beweise dafür, dass Großmann für die Vergabe eines Planungsauftrags 500.000 Euro verlangt habe. Geflossen sei das Geld aber nicht, sagte der Neuruppiner Oberstaatsanwalt Frank Winter. Die dortige Anklagebehörde ist für alle Korruptionsfälle in Brandenburg zuständig. Die Erkenntnislage sei bisher "relativ gut", sagte Winter dem rbb. Das Auswerten der Unterlagen werde jedoch länger als ein paar Tage dauern, erst danach seien Vernehmungen geplant.

Den Namen des Beschuldigten nannte Winter - wie auch die Flughafengesellschaft - nicht. Großmann war im vergangenen Sommer zunächst als Berater nach Schönefeld gekommen, Mitte April stellte Mehdorn den Ingenieur dann fest an. Die beschlagnahmten Dokumente erstreckten sich nach Winters Worten auf die Zeit von Oktober 2013 bis Februar 2014.

Kosten von mehr als fünf Mrd. Euro

An den Plänen Großmanns für einen Umbau der Entrauchungsanlage hält Mehdorn fest. "Wir werden auch in neuer personeller Zusammensetzung den beschrittenen Weg weitergehen", teilte er mit. Er widersprach damit Forderungen aus der Politik, Großmanns Pläne auf den Prüfstand zu stellen. Dessen Aufgaben übernimmt vorübergehend der Oberbauleiter Frank Röbbelen.

Berlins Innensenator Frank Henkel (CDU) sagte der dpa, nun müsse geprüft werden, ob es weitere Vorfälle gibt. "Und natürlich muss man sich auch über die künftige Kontrolle noch mal austauschen und damit muss sich auch der Aufsichtsrat befassen." Brandenburgs Landesregierung beantragte eine unverzügliche Sondersitzung des Kontrollgremiums.

Wegen Technikproblemen, Baumängeln und Fehlplanungen kann der drittgrößte deutsche Flughafen seit zweieinhalb Jahren nicht in Betrieb gehen. Die Kosten dürften deutlich über 5 Mrd. Euro liegen. Allein für Planungsaufträge flossen mehrere hundert Millionen Euro, wie aus einer Antwort Wowereits auf eine parlamentarische Anfrage hervorgeht. Er bezifferte die Planungs- und Bauleistungen insgesamt auf 4,2 Mrd. Euro, "weniger als 20 Prozent" davon entfielen auf Planungen.

(APA/dpa)

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