Generationswechsel bei Immofinanz

Immofinanz
Immofinanz(c) REUTERS (HEINZ-PETER BADER)
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Mayr-Melnhof-Finanzvorstand Oliver Schumy wird im März 2015 Immofinanz-Chef. Eduard Zehetner übergibt ihm einen sanierten und völlig neu strukturierten Immobilienkonzern.

Wien. Als Eduard Zehetner im November 2008 die Führung der Immofinanz übernahm, stand der Immobilienkonzern am Rande des Abgrunds. Die vom früheren Management betriebene massive Expansion in Osteuropa und mutmaßlich illegale Transaktionen zwischen den mehreren hundert Konzerngesellschaften, die teilweise nur auf dem Papier existierten, brachten dem Unternehmen beinahe den Ruin. Ein Rekordverlust von mehr als drei Mrd. Euro im Geschäftsjahr 2008/2009 war die Folge der schmerzhaften Aufräumarbeiten, die Zehetner mit eisernem Besen vorantrieb.

Jetzt, fünf Jahre später, könnte der als beinharter Sanierer bekannte Manager, der unter anderem beim Mobilfunker One, bei der Telekom-Tochter Jet2Web und als Finanzvorstand der RHI arbeitete, seinen Erfolg genießen und die Immofinanz in ruhigerem Fahrwasser noch ein paar Jahre weiterführen. Aber er macht mit seiner Ankündigung Ernst und zieht sich zurück. Seit gestern steht sein Nachfolger fest: Oliver Schumy, Finanzvorstand des ebenfalls börsenotierten Kartonriesen Mayr-Melnhof, übernimmt am 1.März 2015 für fünf Jahre den Immofinanz-Chefsessel. Bis dahin bleibt Zehetner an Bord, um die lückenlose Übergabe zu gewährleisten. Sein eigentlich im November auslaufender Vertrag wurde bis Ende April 2015 verlängert.

Die Bestellung des 43-jährigen Schumy signalisiert nicht nur einen Generationswechsel. Der promovierte Wirtschaftswissenschaftler verfügt über eine hohe Expertise als Finanzexperte und auch über die in der Immofinanz so wichtige Erfahrung in Osteuropa. Schumy hat für Mayr-Melnhof auch in Russland, Polen, Rumänien und Ungarn gearbeitet.

Dennoch könnten die Unterschiede zwischen den beiden Konzernen nicht größer sein: hier der größte börsenotierte Immobilienkonzern Österreichs, der von Zehetner – neben der Sanierung – in einem dynamischen Prozess komplett umstrukturiert worden ist. Zehetner hat dazu ein 2,5 Mrd. Euro schweres Verkaufsprogramm aufgelegt: Nicht zum Kerngeschäft Büro- und Gewerbeimmobilien gehörende Objekte wurden und werden abgestoßen. Dieser Umbau gipfelte kürzlich in der Abspaltung und dem Börsegang der Wohnbaugesellschaft Buwog, die dafür mit Zukäufen von Wohnungen in Deutschland aufgerüstet wurde.

Hunderte Anlegerklagen

Nach wie vor ist die Immofinanz aber auch mit hunderten Klagen geschädigter Anleger aus der Zeit vor 2008 befasst. Sie richten sich zwar nicht direkt gegen das Unternehmen, aber gegen die Tochter Aviso Zeta, die Bad Bank der Constantia Privatbank, die einst die Immofinanz und die Immoeast gemanagt hat. Und im Zusammenhang mit dem Ankauf der Buwog im Jahr 2006 ist ein Megastrafverfahren anhängig. Darin ist die Immofinanz als Privatbeteiligte mit Schadenersatzklagen involviert. In dieser komplexen Vergangenheitsbewältigung verfolgte Zehetner eine äußerst offensive und offene Informationspolitik.

Bei Mayr-Melnhof wiederum steht Diskretion an oberster Stelle. Das hat möglicherweise auch mit der Eigentümerstruktur zu tun: 59Prozent des weltweit größten Herstellers von Recyclingkarton und Europas führendem Faltschachtelproduzenten sind in der Hand der beiden Familien Mayr-Melnhof und Goess-Saurau. Und so werden auch Großinvestitionen und wichtige Expansionsschritte – für manch einen Börsianer – zu zurückhaltend kommuniziert.

Am Freitag goutierte die Börse jedenfalls den Führungswechsel: Die Immofinanz-Aktie stieg um vier Prozent, MM blieb unverändert.

ZUR PERSON

Oliver Schumy ist ab März 2015 Chef der Immofinanz. Er löst Eduard Zehetner ab, der sich in das Privatleben zurückzieht. Der 43-jährige Kärntner Schumy hat Wirtschaft studiert und ist seit 2008 Finanzvorstand beim börsenotierten Karton- und Faltschachtelhersteller Mayr-Melnhof. [ Mayr-Melnhof ]

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.06.2014)

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