Los Angeles attackiert die Wall Street

(c) EPA (JUSTIN LANE)
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Los Angeles wirft den größten US-Banken vor, schwarze und hispanische Kreditnehmer gezielt ausgenutzt zu haben. Das hat ein Loch in die Finanzen der Stadt geschlagen.

Washington. 481 Millionen Dollar (353 Millionen Euro): Diesen Verlust an Einnahmen aus der Grundsteuer seit dem Platzen der Immobilienblase im Jahr 2008 wirft die Stadt Los Angeles den größten amerikanischen Banken vor. Citigroup, Wells Fargo, J.P. Morgan und Bank of America hätten in den Jahren vor dem großen Finanzkrach schwarze und hispanische Einwohner bei der Vergabe von Hypotheken gezielt benachteiligt, wirft die Regierung der zweitgrößten Stadt der USA den vier Banken vor. Das habe die Zahl der Privatkonkurse stark erhöht und wesentlich zur Verwahrlosung ganzer Stadtteile beigetragen. Die sinkenden Grundstückswerte hätten als Folge dessen zu sinkenden Grundsteuereinnahmen geführt – und damit die Möglichkeiten der Stadt beschränkt, etwas gegen die urbane Verwahrlosung zu tun.

Seit dem vergangenen Jahr verficht Los Angeles dieses Argument bei Gericht, und am Montag feierte die Stadtregierung einen kleinen Zwischenerfolg: der zuständige Richter erklärte die Klage gegen die Citigroup für ausreichend begründet und somit zulässig. „Los Angeles hat mittels öffentlich zugänglicher Kreditdaten bereits 1200 diskriminierende Darlehen identifiziert, die zu Pfändungen geführt haben“, schrieb Richter Otis Wright II in seiner Verfahrensanordnung.

In der Sache selber allerdings äußerte sich der Richter nicht. Sie ist kompliziert. Los Angeles wirft den Banken zweierlei Formen gezielter Benachteiligung von schwarzen und hispanischen Kreditnehmern vor. Die erste nennt sich im amerikanischen Bankenjargon „traditional redlining“. Darunter versteht man, wenn eine Bank gezielt Mitgliedern bestimmter Gesellschaftsgruppen keine Kredite gewährt. Schwerer wiegt im konkreten Fall aber der zweite Vorwurf an die Banken, sie hätten „negative redlining“ betrieben, sprich: ärmeren und schlechter gebildeten Schwarzen und Hispanics gezielt Hypotheken aufgeschwatzt, die sie sich nie und nimmer leisten können. Diese Praxis war bis 2008 in den USA weit verbreitet und der Hauptgrund für das Entstehen der Blase und ihr Platzen. Denn die Banken hatten kein Interesse, diese Darlehen in ihren Büchern zu behalten. Vielmehr bündelten sie sie flugs zu undurchsichtigen Wertpapieren, die sie – von den Ratingagenturen mit bester Kreditwürdigkeit geadelt – auf die Märkte warfen.

Stadtbudget beschädigt

Wem diese Hypothekarkredite geschuldet wurden, war bald völlig unklar. Klar war allerdings, wer den Schaden zu tragen hatte, als diese Immobilienblase platzte: die Bürger von Los Angeles und die Stadtregierung. Die zahlreichen Konkurse und Zwangsvollstreckungen sorgten dafür, dass ganze Straßenzüge verödeten. Das zog auch die Immobilienwerte in den Nachbarbezirken hinunter: Laut Angaben der Stadt haben die Grundstücke in Los Angeles seit 2008 rund 78,8 Milliarden Dollar an Wert verloren. Das sorgte für die eingangs erwähnten niedrigeren Grundsteuereinnahmen. Sie sind die wichtigste Einnahmequelle für amerikanische Gemeinden: Im Budgetjahr 2010/11 zum Beispiel machte die Grundsteuer 1,4 Milliarden Dollar oder 20,9 Prozent der Steuereinnahmen von Los Angeles aus.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.06.2014)

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