Steigen die Zinsen früher als erwartet?

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Die Bank of England spricht überraschend von Zinsschritten nach oben.

London. Es war ein durchaus originelles Timing des englischen Notenbankchefs. Just während die Welt vom ersten Spiel der Fußball-WM gebannt war, ließ Mark Carney verlautbaren: Die Zinsen könnten früher steigen als die Märkte erwarten. Die Aussage stellt eine raschere Straffung der lockeren Geldpolitik der Bank of England (BoE) in Aussicht – auch wenn Carney betonte, dass die BoE keinen festen Plan habe, wann sie die Zinsen wieder anhebt.

Aber seine Aussagen kommen ziemlich überraschend – und könnten ein Hinweis darauf sein, dass die BoE mit der bisherigen Erholung der britischen Wirtschaft seit der Finanzkrise zufrieden ist – und glaubt, dass dieser Aufschwung sich bald selbst tragen kann. Freilich ist diese Erwähnung möglicher Zinsanhebungen noch keine echte Kehrtwende. Bisher hat Carney stets betont, dass die britische Wirtschaft noch weit davon entfernt sei, auf vollen Touren zu laufen.

Ein Schock für die Märkte?

Auf der anderen Seite des Atlantiks sorgt indes der Chef der Investmentbank Goldman Sachs für Aufsehen – und zwar mit ähnlichen Aussagen. Lloyd Blankfein sagte in einem Interview mit dem Fernsehsender CNBC, dass ein Anstieg der Leitzinsen die Märkte „schocken“ könne. Er halte es aber für unvermeidlich, denn es sei keine „normale Situation“, dass die Zinsen langfristig bei quasi null stehen. Blankfein scheint besorgt ob der Gelassenheit, die derzeit auf den Märkten herrscht. „Die Märkte sind derzeit sehr ruhig, aber ich sage ihnen, etwas wird passieren, und die Leute werden ihre Portfolios einem Reset unterziehen müssen. Auch der Rohstoff Geld wird wieder etwas kosten – und das allein wird den Markt schocken.“

Nach dem Zusammenbruch der Investmentbank Lehman Brothers haben die Notenbanken weltweit ihre Politik stark gelockert. Die Europäische Zentralbank hat diese „Politik des billigen Geldes“ erst kürzlich noch verstärkt, indem sie die Leitzinsen auf ein Rekordtief von 0,15 Prozent gesenkt hat. Aber nachdem die Zinsen jetzt quasi am Nullpunkt angelangt sind, können die Zentralbanken sie eigentlich nicht mehr senken. (jil)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.06.2014)

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