Frankreich rettet Alstom selbst

French President Hollande and Economy minister Montebourg attend the 'New Industrial France' conference at the Elysee Palace in Paris
French President Hollande and Economy minister Montebourg attend the 'New Industrial France' conference at the Elysee Palace in ParisREUTERS
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Übernahme. Siemens und Mitsubishi hatten ihr Angebot für die Energiesparte des französischen Konzerns erhöht. Doch Präsident Hollande legte sich quer.

München/Paris/Wien. Knalleffekt im Übernahmepoker um Alstom: Frankreich lehnt beide Offerte für die Industrieikone ab. Sowohl Siemens und Mitsubishi Heavy als auch General Electric (GE) hätten keine ausreichenden Angebote vorgelegt, sagte Wirtschaftsminister Arnaud Montebourg Freitagabend. Indes ist weitere Verstaatlichung angesagt: Frankreich selbst übernimmt nämlich selbst vom bisherigen Alstom-Haupteigner 20 Prozent an Alstom – zum Marktpreis, wie Montebourg betonte.

Während Siemens mit Mitsubishi völlig aus dem Rennen ist, machte der Minister GE noch Hoffnungen auf einen Anteil am Atomkraftwerksgeschäft von Alstom. Man werde mit GE über ein neues Angebot verhandeln. Er griff den Vorschlag der Amerikaner auf, das Nukleargeschäft von Alstom in ein Gemeinschaftsunternehmen zu überführen, an dem Alstom und GE jeweils die Hälfte halten. Auch das Zugeständnis von GE, dem Staat mit einer Goldenen Aktie ein Vetorecht zu gewähren, begrüßte der Minister. Für die Deutschen und ihre japanischen Partner hatte Montebourg nur tröstende Worte: „Die Offerte von Siemens und MHI war ernsthaft, aber die Regierung hat ihre Entscheidung gefällt.“
Der US-Riese GE und Siemens/Mitsubishi hatten sich zuletzt ein beinhartes Bietermatch geliefert. Beide Interessenten hatten ihre Angebote nachgebessert, Siemens erst am Freitagfrüh, wobei Konzernchef Joe Kaser tief in die Tasche griff: Er erhöhte sein erstes Angebot für die Energiesparte von Alstom um 1,2 auf 8,2 Mrd. Euro.

Neue Jobs als Lockmittel


Beide Seiten hatten Regierung und Gewerkschaft mit dem Versprechen umgarnt, 1000 neue Arbeitsplätzen in Frankreich zu schaffen, Siemens wollte noch 1000 Ausbildungsplätze drauf legen. „Unser Angebot ist strategisch, sozial, aber auch im wirtschaftlichen Bereich noch einmal ausgebaut worden“, tönte Kaeser. Es ziele darauf ab, Alstom in seiner gegenwärtigen Form in fast allen Geschäftsfeldern zu erhalten und als Industrieunternehmen nachhaltig zu stärken. Siemens und MHI bewerteten die Energiesparte von Alstom mit 14,6 Mrd. Euro, 400 Mio. Euro mehr als zuvor. GE taxierte den Konzernteil dagegen lediglich auf 12,35 Mrd. Euro. „Wir sind um 2,3 Milliarden Euro besser. Das ist ein Faktum“, sagte Kaeser. Diese Botschaft überbrachte er auch Frankreichs Präsident François Hollande, bei dem Kaeser am Freitagnachmittag für seinen Plan geworben hatte.
Während Alstom-Chef Patrick Kron bisher GE bevorzugt und Siemens die kalte Schulter gezeigt hatte, hatte die französische Regierung die Deutschen eigentlich als „weißen Ritter“ ins Spiel gebracht. Letztlich war aber alles Geld und die Bemühungen vergebens.

Schwache Bahnsparte


Der französischen Industrieikone Alstom machen seit geraumer Zeit Rückgänge im Kraftwerksgeschäft und nachlassendes Wachstum in der Bahnsparte (TGV) zu schaffen. Der Konzern hat deshalb einen Abbau von Arbeitsplätzen angekündigt und sich auf Partnersuche begeben. Erwogen wurde ein Verkauf von Unternehmensteilen. Die französische Regierung hatte sich jedoch das letzte Wort gesichert. Dazu erließ sie ein Dekret, das ihr das Recht gibt, den Kauf heimischer Firmen in strategisch wichtigen Branchen wie Energie, Wasser, Telekommunikation und Gesundheit durch Ausländer zu blockieren.

Aufatmen dürfte die Entscheidung in Paris indes bei Siemens Österreich ausgelöst haben. Hierzulande beschäftigt Siemens 2500 Mitarbeiter in der Schienenverkehrssparte. Diese Jobs sah Zentralbetriebsratschef Friedrich Hagl gefährdet (die „Presse“ berichtete am 18. Juni).

(Reuters/eid)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.06.2014)

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