Rubeleinbruch bremst Kauflust der Russen auf Flughäfen

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Die Russen geben sonst viermal soviel wie der durchschnittliche Reisende aus. Für Flughäfen ist der Einzelhandel ein wichtiger Faktor für den Gewinn.

Europäische Flughäfen leiden derzeit unter einem Rückgang der Kauflust russischer Reisender. Ein Kurseinbruch des Rubels bremst den Spaß der Russen, die sonst im Schnitt viermal soviel wie der durchschnittliche Reisende ausgeben, am Shopping. Die Umsätze im Einzelhandel tragen bei einigen größeren Flughäfen inzwischen zwei Drittel zum Gewinn bei.

Zur Stärke von Euro, Pfund und Schweizer Franken gegenüber den Währungen von Schwellenländern einschließlich Russland kommt die Krise in der Ukraine. Am schlimmsten wirkt sich dies an den Flughäfen der beiden im Zentrum des Konfliktes stehenden Länder aus. "Wir spüren die Auswirkungen", sagt Pierre Viarnaud, Leiter des Russlandgeschäfts von Gebr. Heinemann SE & Co. Das in Hamburg ansässige Unternehmen betreibt 230 Geschäfte in 61 Flughäfen. "In Moskau sind die durchschnittlichen Ausgaben pro Passagier deutlich zurückgegangen. In Kiew ist es noch dramatischer, fast 50 Prozent niedriger als im vergangenen Jahr."

Ukarine-Währung deutlich abgewertet

Wenn die Russen nicht gleich zu Hause bleiben, halten sie sich mit ihren Ausgaben auf Reisen zurück, ist doch der Rubel im März auf ein Rekordtief bei 51 je Euro gefallen. Die ukrainische Hrywnja hat gegenüber der europäischen Einheitswährung dieses Jahr 30 Prozent an Wert eingebüßt.

Für Flughäfen wird der Einzelhandel ein immer wichtigerer Faktor für den Gewinn. So sind im neuen Terminal 2 am Londoner Flughafen Heathrow, das am 4. Juni eröffnet wurde, 33 Einzelhandelsgeschäfte angesiedelt, darunter Luxusläden wie Burberry und Mulberry sowie das Kaufhaus John Lewis. Der Frankfurter Flughafenbetreiber Fraport AG will den Einzelhandelsumsatz von 3,60 Euro je Passagier auf 4 Euro steigern. Reisende aus Russland haben "einen riesigen Appetit auf europäische Luxusgüter", sagte Andrew Lobbenberg, Analyst für die Luftfahrtbranche bei HSBC Holdings Plc in London. Und die an Flughäfen angebotene Ware biete besonders satte Gewinnmargen, führte er aus.

Auch Wien leidet

Am Frankfurter Flughafen, dem drittgrößten in Europa, geben russische Reisende fast viermal so viel wie der Durchschnitt aus, erklärte Fraport-Vorstandsmitglied Anke Giesen auf einer Konferenz des Airports Council International in Frankfurt am 18. Juni. Zum Vergleich: Die Ausgaben deutscher Reisender in den Läden am Flughafen Frankfurt liegen bei nicht einmal einem Drittel des Durchschnitts. Fraport werde vom mangelnden Shopping-Interesse der Reisenden aus Russland besonders getroffen, schrieben Analysten von JPMorgan am 1. April in einer Studie. Grund sei, dass der Konzern auch am Flughafen St. Petersburg in der zweitgrößten russischen Stadt und an den Airports im türkischen Antalya sowie in Burgas und Warna an der bulgarischen Schwarzmeerküste beteiligt sei. Die letzten drei Destinationen sind beliebte Ferienziele für Russen.

Der Flughafen Wien, dessen Geschäftsmodell stark auf Flüge nach Russland und andere ehemalige Sowjetrepubliken ausgerichtet ist, führte einen Rückgang beim Umsatz im ersten Quartal auf die "massive Abwertung" des Rubels zurück. "Wir sehen uns als Tor zum Osten, und das ist in gewisser Weise auch unsere Schwäche", sagt Julian Jäger, Vorstandsdirektor des Flughafens.

Nächster Schlag droht aus China

Die Flughafen Zürich AG hat die Fläche für Ladenlokale in den vergangenen zwölf Jahren annähernd verdreifacht. Unter anderem betreiben die Schweizer Luxus-Uhrenhersteller Rolex, Omega und Breitling dort Verkaufsstellen. Derzeit stehen die Umsätze bei Schmuck und Uhren unter Druck, berichtet Flughafen- Sprecherin Sonja Zöchling. Russen seien beim Einkauf sehr zurückhaltend, führt sie aus. Auch der Pariser Flughafenbetreiber Aeroports de Paris berichtet, dass die Wechselkurse den Einzelhandelsumsatz an Europas zweitgrößtem Flughafen Charles de Gaulle im ersten Quartal gebremst haben. Dabei ist der Verkehr auf den Strecken nach China und Russland gestiegen, und auf die Russland-Routen entfallen laut Berechnungen von JPMorgan bis zu sieben Prozent der Verkäufe im Flughafen-Einzelhandel.

Demnächst könnte den Airport-Einzelhändlern ein nächster Schlag durch Wechselkurse drohen. Der chinesische Yuan ist am 8. Mai auf 8,72 je Euro abgesunken, den niedrigsten Stand seit zweieinhalb Jahren. Reisende aus China, der weltweit zweitgrößten Volkswirtschaft, geben laut Daten von Fraport das 5,4fache eines durchschnittlichen Passagiers aus - noch mehr als die Russen. In Frankfurt unterstützt man jetzt die Kauffreude der Chinesen mit fünf Chinesisch sprechenden persönlichen Einkaufsberatern, die für den Flughafenbetreiber tätig sind.

(Bloomberg)

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