Vor Preiskampf auf der Langstrecke

DEU Deutschland Schoenefeld 22 05 2014 ILA Internationale Luft und Raumfahrtausstellung Ber
DEU Deutschland Schoenefeld 22 05 2014 ILA Internationale Luft und Raumfahrtausstellung Berimago/Rüdiger Wölk
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Flugtickets. Die Lufthansa plant eine Interkontinental-Billigfluggesellschaft und will damit dem drohenden Angriff der Diskontflieger auf die Langstrecke Paroli bieten.

Frankfurt/Wien. Die deutsche Fluggesellschaft Lufthansa prüft die Einführung eines Billigangebots auf ausgewählten Langstrecken-Verbindungen. Lufthansa-Chef Carsten Spohr habe entsprechende Analysen in Auftrag gegeben, berichtete das deutsche „Handelsblatt" gestern unter Berufung auf Unternehmenskreise.

Nach früheren Aussagen der Lufthansa erwägt die Airline dafür auf touristischen Strecken den Einsatz von bereits abgeschriebenen Jets. Zudem ist beabsichtigt, die Flughafengebühren und die Personalkosten zu drücken. Lufthansa selbst lehnte eine Stellungnahme zu dem Zeitungsbericht ab und verwies auf den 9. Juli. Dann will Spohr seine Pläne für den Konzernumbau vorstellen.
Europas größte Fluggesellschaft hatte wegen des härteren Preiskampfs in Europa und auf den lukrativen Langstrecken nach Amerika Mitte Juni ihre Gewinnziele für dieses und nächstes Jahr gekippt. Der Vorstand will beim Konzernumbau als Antwort auch auf die zunehmende Konkurrenz staatlicher Airlines aus der Golfregion jetzt noch mehr Gas geben und stellt alles auf den Prüfstand.
Vor zwei Wochen hatte das Magazin „Der Spiegel" berichtet, die Lufthansa wolle neben ihrer Tochter Germanwings einen weiteren Billiganbieter an den Start bringen und so der Konkurrenz wie Ryanair oder Easyjet Paroli bieten. Die Flotte der Tochter Eurowings solle um Maschinen vom Typ Airbus A320 erweitert werden und von Deutschland aus Ziele in ganz Europa anfliegen.

Bisherige Versuche gescheitert

In Europa sorgen Billigflieger wie etwa Ryanair und Easyjet schon jetzt dafür, dass die etablierten Fluggesellschaften kaum noch Geld verdienen. Kompensiert wird das in der Regel durch hohe Gewinne, die auf den Interkontinentalstrecken, besonders nach Asien und Nordamerika, eingeflogen werden. Hier ist die Konkurrenz durch Billigfliger noch gering. Zwar hat es immer wieder Versuche gegeben, diese „Festung" der eingesessenen Airlines zu erschüttern, die sind aber immer wieder gescheitert. Etwa der „Skytrain" des Billigflugpioniers Freddie Laker, der in den späten siebziger und frühen achtziger Jahren die Preise auf den Nordatlantikrouten heruntergerissen hat. Oder die US-Gesellschaft People Express, die ein paar Jahre später Hecht im Karpfenteich spielte. Zuletzt musste vor ein paar Jahren die malayische Air Asia X wieder aufgeben. Derzeit gibt es nur wenige Billig-Langstrecken, etwa jene des aggressiven norwegischen Diskontfliegers „Norwegian" nach New York und Bangkok. Die Billigflieger Easyjet und Ryanair zeigen bisher wenig Lust, sich auf der Langstrecke Blessuren zu holen.

Der Grund ist derzeit ein technischer: Die großen Langstreckenflugzeuge lassen sich nicht billig genug betreiben, um die Ticketpreise dramatisch herunterzubringen. Das könnte sich jetzt aber mit den Modellen Boeing 787 („Dreamliner") und Airbus 350, die um bis zu ein Fünftel weniger Sprit schlucken, ändern. Norwegian setzt den „Dreamliner" für die Langstrecke schon ein.

Unklar ist freilich noch, ob ausreichend viele Passagiere das Angebot akzeptieren werden. Das Norwegian-Kozept beipielsweise sieht auf der Langstrecke ebenso aus, wie das Billigmodell in Europa: Um den günstigen Ticketpreis bekommt man den nackten Flug. Will man im Flugzeug essen oder Koffer mitnehmen, dann kostet das extra. Und zwar nicht zu knapp. Unterm Strich kann dann (beim gewohnten Komfort) durchaus ein Ticketpreis herauskommen, der dem Normalpreis der teureren Konkurrenz entspricht.

In Europa ist das „No Frills"-Konzept aufgegangen. Europa-Flüge dauern in der Regel aber maximal drei Stunden, während Passagiere interkontinental zehn Stunden und mehr im Flugzeug sitzen.

("Die Presse", Printausgabe vom 1.7.2014)

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