Österreichs Banken haben in Ungarn schon über eine Milliarde Euro verloren. Nun plant die Budapester Regierung ein neues Bankengesetz.
Wien/Budapest. Schon am Freitag dürfte das Parlament in Budapest ein neues Bankengesetz beschließen, das die in Ungarn tätigen Banken zusätzlich mit insgesamt 1,6 Milliarden Euro belasten würde. Für Raiffeisen könnte die Mehrbelastung 65 bis 195Millionen Euro betragen, schätzen Analysten der Londoner Großbank HSBC, wie die Finanzagentur Bloomberg schreibt. Als österreichisches Institut betroffen wäre von der geplanten Gesetzesänderung auch die Erste Group – sowohl RBI als auch Erste Group sind aber noch am Rechnen, wie hoch die zusätzliche Belastung für sie ausfallen wird.
Basis der von der Regierung am 27. Juni vorgelegten Gesetzesnovelle ist ein Urteil des ungarischen Höchstgerichts vom 16. Juni, wonach die Banken bei der Rückzahlung von Fremdwährungskrediten rechtswidrig Umrechnungskurse angewendet haben, die für die Kreditnehmer ungünstig waren. Auch von den Banken einseitig vorgenommene Änderungen von Vertragsklauseln seien unrechtmäßig erfolgt, urteilten die Höchstrichter.
Das neue Gesetz sieht vor, die von den Banken verwendeten Wechselkurse durch den von der Ungarischen Nationalbank täglich festgelegten Wechselkurs zu ersetzen. Das zu Unrecht kassierte Geld sollen die Banken zurückzahlen. Sie sollen 90 Tage Zeit bekommen, um die Differenz zwischen den von ihnen verwendeten Wechselkursen und jenen der Notenbank zu berechnen.
Proteste waren erfolglos
Österreichs Banken haben in dem Nachbarland seit 2010 schon über eine Milliarde Euro verloren. Die Erste Bank hat dort über 700 Millionen Euro eingebüßt, bei Raiffeisen waren es 655 Millionen Euro. Schuld daran sind zahlreiche Maßnahmen, mit denen Premierminister Viktor Orbán den Banken das Leben schwer macht. So wurde eine Sondersteuer eingeführt; gemessen an der Bilanzsumme ist es die höchste Bankenabgabe der Welt. Auch gab es ein Gesetz, wonach Privatpersonen ihre Fremdwährungskredite zu einem günstigen Kurs in Forint umtauschen konnten. Die Kosten dafür müssen die Banken tragen.
Erklärtes Ziel von Orbán ist es, dass sich die Mehrheit des ungarischen Finanzsektors wieder in inländischer Hand befindet. Das Vorgehen gegen die Banken ist kein Einzelfall. Auch andere Branchen wie Telekom, Energie und Handel werden in Ungarn mit Sondersteuern belastet. Betroffen sind meist ausländische Konzerne.
Orbán bezeichnet sein Vorgehen als „Ende der Kolonialisierung“. Die Investoren, vor allem die Banken, beschwerten sich darüber bei der EU. Doch das brachte bislang wenig. (APA/höll)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.07.2014)