Bulgarien stößt EVN in Verlustzone

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Die Kosten steigen, die Preise nicht. Regulatoren in Bulgarien und Mazedonien zwingen den Versorger zu millionenschweren Abschreibungen. Aus dem erhofften Gewinn wird nichts.

Wien/Maria Enzersdorf. Im Nachhinein ist man immer klüger. Hätte die EVN in den Jahren 2005 und 2006 erahnt, welches Debakel sie in Osteuropa erwartet, wäre der niederösterreichische Landesversorger wohl lieber zu Hause geblieben. Stattdessen stieg das Unternehmen aber ein Jahr vor Ausbruch der Finanzkrise groß in Bulgarien und Mazedonien ein – und muss dort seither um jeden Cent streiten.

Was das für das Unternehmen bedeutet, lässt sich in der Gewinnwarnung der EVN vom Mittwoch nachlesen: Aufgrund aktueller Preisentscheidungen der Regulatoren in beiden osteuropäischen Ländern erwartet das Unternehmen heuer einen Konzernverlust. Noch im Mai hatte EVN-Chef Peter Layr bekräftigt, dass der Versorger 2014 mehr verdienen werde als die 115 Millionen Euro im Vorjahr. Von dieser Hoffnung müssen sich die Aktionäre nun verabschieden.

Ergebnis sinkt um 260 Mio.

Zum Hintergrund: In beiden Ländern ist die EVN abhängig von staatlichen Regulierungsbehörden, die sowohl den Preis bestimmen, um den der Konzern Strom beim staatlichen Lieferanten einkaufen muss, als auch den Preis, den er Endkunden dafür verrechnen darf. Vor allem in Bulgarien finden Politiker großen Gefallen an dem Mechanismus. Während die ausländischen Versorger immer teurer beim (maroden) staatlichen Versorger NEK einkaufen müssen, dürfen sie die Preiserhöhungen de facto nicht weitergeben. Der jüngste Preisentscheid zwang die EVN nun zur Gewinnwarnung. Denn auch wenn dem Unternehmen in beiden Ländern eine Gewinnspanne bleibt: Viel Raum ist da nicht. „Wir können die historischen Firmenwerte nicht mehr zurückverdienen“, sagt ein EVN-Sprecher.

Das Unternehmen meldete die Abschreibung der Firmenwerte und Kundenstöcke um 148,9 Mio. Euro beziehungsweise 43 Mio. Euro. Die Dividende soll gehalten werden. In Summe werden die schlechten Nachrichten aus Mazedonien und Bulgarien das operative Ergebnis (Ebit) der EVN-Gruppe heuer um 260,9 Mio. Euro drücken. 210,1 Mio. Euro davon kommen aus Bulgarien und 50,8 Mio. Euro aus Mazedonien. Zum Vergleich: Im Vorjahr erwirtschaftete das Unternehmen noch 218,5 Mio. Euro Ebit. Die Aktie fiel nach der Nachricht um knapp vier Prozent.

Für die EVN kommt das Debakel im Osten nicht wirklich überraschend. Schon in den vergangenen Monaten und Jahren war das Unternehmen wiederholt mit Bulgariens Politikern und Regulatoren zusammengestoßen. Erst im März drohte das Land den drei ausländischen Versorgern EVN, CEZ und Energo-Pro mit Lizenzentzug, wenn sie nicht 163 Millionen Euro für Stromlieferungen bezahlen. Allein die EVN hätte 111 Millionen Euro zahlen sollen. Die Sache sei mittlerweile „eingeschlafen“, heißt es aus dem Unternehmen.

EVN kämpft gegen Sofia

Der Versorger denkt auch nicht daran, sich Sofia zu beugen. Er fordert im Gegenteil Geld vom Staat, da er ihm die fixen Einspeisetarife für Bulgariens Ökostromerzeuger vorgestreckt habe. Zurückgezahlt wurde bis dato nichts. Daher hätte die EVN ebenso wie die anderen ausländischen Konzerne die Beträge von ihren Verbindlichkeiten gegenüber NEK abgezogen.

Die EVN zog in der Causa sogar vor ein internationales Schiedsgericht. In den USA will sie nun ein Investitionsschutzverfahren durchboxen. Die Chancen stehen nicht schlecht, in Mazedonien hat die EVN ein ähnliches Verfahren schon erfolgreich beendet. Aber bis die EVN wieder einmal positive Nachrichten aus dem Osten vermelden kann, braucht sie vor allem eines: viel Sitzfleisch.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.07.2014)

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