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Airline-Boss Carsten Spohr sieht seine Strategie als Kampfansage gegen Ryanair und Co. sowie die Golf-Airlines. Er muss seine Pläne aber erst der Belegschaft schmackhaft machen.

Frankfurt. Was tun, wenn der einst unterschätzte Mitbewerber zum übermächtigen Konkurrenten zu werden droht? Man holt ihn mit einem lukrativen neuen Projekt als Partner an Bord. Das hat Carsten Spohr, seit zwei Monaten neuer Boss der AUA-Mutter Lufthansa, mit Turkish Airlines vor. Mit den Türken will er eine Billig-Plattform für Langstreckenflüge schaffen. „Turkish Airlines ist ein potenzieller Partner, und wir sind in sehr fortgeschrittenen Gesprächen“, sagte Spohr am Mittwoch bei der Vorstellung seiner mit Spannung erwarteten neuen Strategie für die größte europäische Fluglinie.

Spohr hätte angesichts des harten Gegenwinds durch Billig-Airlines wie Ryanair und Easyjet, den Attacken der Golf-Carrier und dem wieder stark steigenden Ölpreis allen Grund zum Jammern. Das tut der 47-Jährige aber nicht. Nachdem er vor vier Wochen die Gewinnziele seines Vorgängers Christoph Franz gekippt hat, was einen Sturzflug der Aktie auslöste, holt er nun zum nächsten Schlag aus: Und der bedeutet eine Verschärfung des Billig-Kurses, ohne auf Qualität zu verzichten. Die Anleger applaudieren dazu: Die Aktie stieg um mehr als zwei Prozent.

Für den Europa-Verkehr ist neben der vor einem Jahr als Billig-Ableger etablierten Tochter Germanwings unter der Marke Eurowings eine zweite günstige Fluglinie geplant, sagte Spohr. Der Start ist für das Frühjahr 2015 vorgesehen. Statt der bisher eingesetzten Canadair-Regionaljets soll Eurowings auf die günstigeren Airbus A320 umgerüstet werden. Spohr will die neue Tochter außer bei innerdeutschen Flügen auch in Basel statt der Swiss einsetzen. Auch in Österreich könnte es eine Basis geben. Allerdings käme nicht das AUA-Drehkreuz Wien, sondern der eine oder andere Bundesländer-Flughafen infrage, sagte Lufthansa-Pressesprecher Christoph Meier.

Germanwings und Eurowings agieren unter dem neuen Markendach „Wings“ und bündeln den Punkt-zu-Punkt-Verkehr in Europa. Sie werden damit zur direkten Konkurrenz von Ryanair und Co., die genau mit diesem Konzept groß geworden sind und fette Gewinne einfliegen.

Günstigeres Personal

Auf der Langstrecke soll die neue Billig-Plattform – die endgültige Entscheidung über den Partner soll im Herbst fallen – neues Geschäft bringen. Der Start soll im Winter 2015 erfolgen. Zudem werde geprüft, inwiefern bis zu sieben A340-Langstrecken-Jets zu niedrigeren Kosten auf neuen Strecken oder von der Streichung bedrohten Linien eingesetzt werden können.

Der neue Ableger Eurowings soll jedenfalls noch deutlich niedrigere Kosten ausweisen als Germanwings. Erreichen will das Spohr durch günstigeres Personal und Basen im Ausland.

Beobachter sind deshalb gespannt, ob es dem ausgebildeten Piloten Spohr gelingt, die starken Gewerkschaften einzubinden und ihnen Zugeständnisse abzuringen. Spohrs Vorgänger Christoph Franz hatte der Fluglinie Anfang 2012 einen harten Umbau verordnet, dem tausende Jobs zum Opfer fallen. Die Beschäftigten gingen dagegen auf die Barrikaden. Im April legten die 5000 Piloten den Flugbetrieb für drei Tage lahm.

Die Rückkehr in die alten Zeiten, wo nichts ohne die 117.000 Lufthanseaten ging, ist dennoch nicht mehr möglich. Denn dazu sind die Zeiten einfach zu hart. Vor allem im Passagiergeschäft – dem größten Umsatzbringer und Herzstück des DAX-Konzerns – tun sich Bedrohungen auf: Nach langer Zurückhaltung hat die Lufthansa die Kapazitäten wieder hochgefahren, auf dem Nordatlantik um sieben Prozent. Das war mehr als der Markt aufnehmen konnte. Außerdem kamen damit die Preise unter Druck. (Reuters/eid)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.07.2014)

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