Geldpolitik: „Leitzins für Deutschland zu niedrig“

EZB-Neubau in Frankfurt am Main
EZB-Neubau in Frankfurt am Main(c) APA/dpa
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Der Druck auf die Europäische Zentralbank, von der Nullzinspolitik abzukehren, wächst. Mit niedrigen Zinsen soll vor allem die Wirtschaftsflaute in Südeuropa bekämpft werden.

Berlin. Die Leitzinsen in der Eurozone sind nach Ansicht des deutschen Bundesbank-Präsidenten Jens Weidmann zu niedrig für Deutschland. „Wenn wir unsere eigenständige Geldpolitik machen würden– was wir nicht tun–, sähe sie anders aus“, sagte Weidmann beim Tag der offenen Tür der Deutschen Notenbank in Frankfurt am Samstag.

Da Deutschland aber Teil der Währungsunion sei, müssten die geldpolitischen Entscheidungen auch nach dem Währungsraum ausgerichtet werden. „Klar ist aber auch, dass die Geldpolitik, wenn man sie durch die deutsche Brille sieht, für Deutschland zu locker ist“, fügte der Bundesbank-Chef, der auch Ratsmitglied der Europäischen Zentralbank (EZB) ist, hinzu.

Die EZB hatte die Leitzinsen für die Eurozone im vergangenen Monat auf das Rekordtief von 0,15 Prozent gesenkt. Das war Teil eines Maßnahmenpakets, um die Wirtschaft im Euroraum anzukurbeln und eine Abwärtsspirale aus fallenden Preisen (Deflation) und sinkenden Investitionen zu vermeiden. Kritik daran kam vor allem aus Deutschland. Die Wirtschaft der größten Volkswirtschaft des Währungsraums hat sich besser als andere Länder geschlagen und oftmals als Lokomotive für die Eurozone erwiesen. Weidmann forderte daher, dass die Phase der niedrigen Zinsen nicht länger andauern dürfe als unbedingt nötig.

Zinssenkungen dienen dazu, Deflation zu bekämpfen. Denn sinkende (oder stagnierende) Preise können dazu führen, dass sich Private und Unternehmen in Erwartung weiter sinkender Preise mit Ausgaben und Investitionen zurückhalten – was der Wirtschaft noch mehr zusetzen würde.

Niedrige Inflationsrate

Tatsächlich lag die Inflationsrate in der Eurozone zuletzt mit 0,5 Prozent weit unter dem von der Notenbank angepeilten Niveau von knapp unter zwei Prozent. Auch in Deutschland (0,6 Prozent) und Österreich (1,5 Prozent) war die für die Eurozone gemessene Rate zuletzt kaum höher. Doch handelt es sich dabei lediglich um den Harmonisierten Verbraucherpreisindex, in den etwa Preissteigerungen bei Immobilien kaum Eingang finden. Eine „Asset Inflation“ (Aufblähung der Preise für Vermögenswerte) findet hingegen etwa auf dem Markt für deutsche Staatsanleihen oder in Teilen des Aktien- oder Wohnimmobilienmarkts statt.

EZB-Chef Mario Draghi hatte bei der jüngsten Notenbanksitzung im Juli klargemacht, dass die EZB gegebenenfalls auch weitere unkonventionelle Maßnahmen im Rahmen ihres Mandats einsetzen werde, um einer niedrigen Inflation Vorschub zu leisten.

Um Geld in die Märkte zu pumpen und die Kreditvergabe anzuheizen, werden den Banken über längerfristige Refinanzierungsprogramme bis zu 400 Mrd. Euro angeboten: Banken können sich bis zu sieben Prozent ihres Kreditvolumens von der Zentralbank holen. Bis 2016 müssen sie dafür quasi keinerlei Bedingungen erfüllen. Zuletzt gab es vermehrt Zweifel, dass dieses Programm sinnvoll sei und die Banken tatsächlich mehr Kredite vergeben würden.

Indes hat der Vorstand der Deutschen Bundesbank, Andreas Dombret, die von der EZB für den Herbst in Aussicht gestellte Belebung des Marktes für forderungsbesicherte Wertpapiere (ABS) abgelehnt. „Die EZB darf nicht zur Bad Bank des Euroraums werden“, sagte er der „Wirtschaftswoche“.

Streit um ABS

„Ich bin der Auffassung, dass der Kauf von forderungsbesicherten Wertpapieren kein Instrument der Geldpolitik ist. Zentralbanken sollten den Banken nicht die Kreditrisiken abnehmen.“ ABS (Asset Backed Securities) sind Anleihen, mit denen Kreditforderungen wie Hypotheken, Unternehmens- oder Verbraucherdarlehen abgesichert werden können. Die Papiere sind in der US-Hypothekenkrise stark in Verruf geraten, weil die verwendeten Sicherheiten reihenweise ausgefallen sind. (DPA/Reuters/red.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.07.2014)

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