BRICS: Konkurrenz für Weltbank und IWF

Brazil´s President Rousseff is pictured before the 6th BRICS summit in Fortaleza
Brazil´s President Rousseff is pictured before the 6th BRICS summit in Fortaleza(c) REUTERS (NACHO DOCE)
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Die BRICS wollen nicht länger auf Reformen der internationalen Organisationen warten und gründen einfach ihre eigene „Weltbank“ und einen Währungsfonds für Schwellenländer.

Brasilia/Wien. Die Weltmeisterschaft ist vorbei - aber Brasilien bleibt für einige Tage das Zentrum der Welt. In der Hauptstadt Brasilia haben sich am Dienstag nämlich die Staatschefs von Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika zu einem Gipfel getroffen. Und die sogenannten BRICS sind nicht allein. Ebenfalls dabei: Argentinien, Bolivien, Chile, Kolumbien, Ecuador, Paraguay, Peru, Suriname, Uruguay und Venezuela.

Punkt Nummer eins auf der Konferenz war die Schaffung einer „BRICS-Bank" und damit die Etablierung einer neuen Finanzinfrastruktur außerhalb der Dollarwelt. Sowohl Internationaler Währungsfonds als auch die Weltbank wurden zur Kontrolle des bereits 1971 zusammengebrochenen Bretton-Woods-Systems geschaffen und werden bis heute von den USA bzw. Europa dominiert. Aber auch Europa hat sich mit der Schaffung des Euro und später durch die Einrichtung des ESM als Alternative zum IWF vom Dollar emanzipiert.
Die Einrichtung der BRICS-Bank ist ein weiterer Schritt in Richtung einer multipolaren Finanzwelt. Brasiliens Präsidentin, Dilma Rousseff, sagte nach einem Treffen mit Russlands Staatschef, Vladimir Putin: „Unsere fünf Staaten (die BRICS, Anm.) gehören zu den größten der Welt und können sich in der Mitte des 21. Jahrhunderts nicht damit zufriedengeben, von irgendjemandem abhängig zu sein." Die neue Entwicklungsbank soll Projekte in Schwellenländern finanzieren und dabei die Weltbank ersetzen. Die Bank soll einen Fonds im Wert von rund 100 Mrd. Dollar verwalten. Damit geben die BRICS ihrer informellen Allianz erstmals auch ein institutionelles Gesicht.

IWF in Südamerika unbeliebt

Die neue Bank soll ihren Hauptsitz in Shanghai haben, wurde am Dienstag beschlossen. Russland hatte laut Medienberichten auf eine Bewerbung Moskaus verzichtet und gibt sich im Gegenzug mit einflussreichen Posten innerhalb der neuen Entwicklungsbank zufrieden. Die erste Präsidentschaft der Institution, die „Neue Entwicklungsbank" heißen wird, soll Indien übernehmen. Ebenfalls beschlossen wurde ein eigener Währungsfonds für die BRICS mit einem Volumen mit 100 Mrd. Dollar. China soll 41 Mrd. einzahlen, Südafrika fünf und die übrigen BRICS-Mitglieder je umgerechnet 18 Mrd. Dollar. Dieser von den Medien Mini-IWF genannte Fonds soll den „großen" IWF als Helfer in der Schuldennot ersetzen. Der IWF hat wegen der von ihm im Gegenzug für Kredite verlangten Reformen in vielen Ländern einen sehr schlechten Ruf - vor allem in Südamerika.

Die Institutionen sollen Ländern das Wirtschaften in einer „multipolaren Welt" vereinfachen, so Russlands Präsident Putin, der kein Hehl daraus macht, dass es sich um einen Schlag gegen die Vormachtstellung der USA handelt: „Wir sollten über ein System von Maßnahmen nachdenken, das die Belästigung von Ländern unterbindet, die mit manchen außenpolitischen Entscheidungen der Vereinigten Staaten und ihrer Verbündeten nicht einverstanden sind", sagte Putin im Vorfeld des Gipfels in Brasilia.

40 Prozent der Bevölkerung

Der russische Präsident hatte seine Südamerika-Reise schon vor dem WM-Finale in Rio angetreten und die Insel Kuba besucht, der er 90 Prozent der Schulden aus Sowjetzeiten erlassen hatte.

Eine Reform der bestehenden internationalen Finanzinstitutionen stockt seit vielen Jahren. Zwar haben der IWF mit 368 Mrd. und die Weltbank mit 331 Mrd. Dollar deutlich mehr „Feuerkraft" als die neuen Einrichtungen der BRICS - zumindest am Anfang.

Aber in China, Indien, Russland, Südafrika und Brasilien scheint man zunehmend die Hoffnung aufzugeben, dass der IWF reformiert werden könnte, um die Realität besser widerzuspiegeln. Die BRICS repräsentieren 40 Prozent der Weltbevölkerung und ein Fünftel der internationalen Wirtschaftsleistung. Im IWF haben die USA mit 16,8 Prozent der Stimmen eine Sperrminorität und damit die einzige Vetostimme.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.07.2014)

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